Wetterbesprechung am vorletzten Sommerwochenende 18./19.8.2018

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    • #12693
      Heiko
      Moderator

      Hallo zusammen,

      auch wenn es unklar ist, wie lange sich das sommerliche Wetter letztendlich bei uns halten wird, liegt tatsächlich schon wieder das vorletzte Wochenende des meteorologischen Sommers 2018 vor uns.

      Ohne viel Umschweife möchte ich auch gleich zur Bodendruckanalysekarte des DWD von heute früh kommen. Diese zeigt das Tief PAMELA am Ural und damit definitiv außerhalb der Reichweite jeglicher turnierrelevanter Wetterstationen. Über dem Nordmeer, südlich von Jan Mayen, befindet sich der Kern des Tiefs QUERIDA, dessen Okklusionsfront sich bogenförmig bis in die Nähe des Nordkaps zum Okklusionspunkt zieht. Die davon ausgehende Warmfront erstreckt sich bis zum nördlichen Bottnischen Meerbusen, während die westlich folgende Kaltfront nach kurzem Weg über die nördlichsten Bereiche Norwegens in eine Warmfront übergeht. Letztere zieht sich entlang der Westküste und geht ungefähr in Höhe des Polarkreises, wo sich ein unbenanntes Tief befindet, wiederum in eine Kaltfront über. Diese verläuft über Südnorwegen und vor der dänischen Westküste sowie weiter über das westliche Europa bis zur Biskaya, wo sie an der spanischen Nordküste in eine kurze Warmfront übergeht. Der darauf westlich folgenden Kaltfront schließt sich zwischen den Azoren und der Bretagne die Warmfront des südwestlich von Island und östlich der grönländischen Südspitze liegenden Tiefs ROSWITHA an. Der Okklusionsvorgang ist noch in der Entwicklung, und die einem weit aufgespannten Warmsektor folgende Kaltfront ist ihrerseits in Richtung von Neufundland verwellt. Zwischen dieser ostkanadischen Insel und den Azoren tummelt sich außerdem der Sturm ERNESTO. Dazu hier ein (loginfrei zu betrachtender) Beitrag bei Twitter, der Positionen (sub-)tropischer Stürme über dem Nordatlantik zeigt: https://twitter.com/burgwx/status/1030241520446779392?s=21 Als einziges derzeit getauftes antizyklonales Druckgebilde findet sich das Hoch LORIN über Nordosteuropa.

      Der Blick auf das Satellitenbild vom heutigen späten Vormittag zeigt im Osten und Süden Deutschlands dank des Hochs LORIN vielerorts wolkenarmes oder wolkenfreies Wetter, wobei über Mecklenburg-Vorpommern, dem nordwestlichen Brandenburg und Teilen von Sachsen-Anhalt einige eher wolkige Regionen zu erkennen sind. Besonders über Teilen von Sachsen, Thüringen, Bayern und Baden-Württemberg sieht man (besonders deutlich über der Schwäbischen Alb und dem Schwarzwald) orographisch unterstützte Bewölkung. Von Schleswig-Holstein über weite Teile Niedersachsens bis ins westliche Nordrhein-Westfalen sind die Wolken oft recht dicht, was der südlich an den Frontenzug des Tiefs QUERIDA anschließenden Kaltfront zuzuschreiben ist.

      Der imaginäre Sprung auf gut 5,5 km Höhe zeigt beim 500-hPa-Geopotential für heute Mittag auf dem Mitteleuropaausschnitt einen Trog, dessen Achse sich von Südskandinavien (an der norwegischen Südküste um -20°C) über die Nordsee und Benelux bis nach Südfrankreich zieht. Entsprechend warm ist es auf der Trogvorderseite in weiten Teilen unseres Turnierraumes. An dieser Stelle wie immer die herzliche Einladung an alle, die etwas zum Wochenendwetter der Nicht-Berliner Turnierorte beitragen wollen, dies zu tun. Je weiter man über Mitteleuropa nach Südosten kommt, desto eher gelangt man in einen Isohypsensumpf. Am Boden ist in weiten Teilen der Schweiz, von Österreich und Deutschland nicht so viel los; bei genauerem Hinsehen zeigt sich eine Art Tiefdruckrinne (auf hohem Niveau) von der mittleren Ostsee über Ostdeutschland (unterstrichen durch ein „T“ über der Oberlausitz) ins südliche und südöstliche Mitteleuropa a.k.a. den zentralen und östlichen Alpenraum. Im Bodendruckfeld ist außerdem ein Keil zu sehen, der von der Biskaya über die Niederlande bis nach Dänemark reicht.

      Im 850-hPa-Niveau erkennt man anhand der pseudopotentiellen Temperatur auf der Mitteleuropakarte für heute Mittag die Kaltfront über dem Nordwesten Deutschlands besonders gut. Über der Südschweiz liegt vorgenanntes Temperaturmaß gebietsweise über 60°C, in Österreich, Süd- und Ostdeutschland immerhin in größeren Regionen bei etwa 55°C, wogegen über der Deutschen Bucht nur etwa 35°C herrschen.

      Die Bodenprognosekarte des DWD für morgen Mittag zeigt ausschließlich benannte Tiefs, nämlich QUERIDA über Spitzbergen, ROSWITHA über dem Nordmeer und ex-ERNESTO westlich von Irland. Die zuvor beschriebene Kaltfront soll bis dahin Berlin überquert haben (mit welchen Folgen, siehe unten) und irgendwo im deutsch-tschechischen Grenzgebiet enden. Von der schleswig-holsteinischen Ostseeküste bis ins westliche Niedersachsen wird die Warmfront des Tiefs ROSWITHA erwartet; die zugehörige Kaltfront liegt noch recht weit draußen über der Nordsee. Nicht vergessen werden sollten zwei – wenn auch heute in der Prognose der Berliner Wetterkarte für morgen nicht getaufte – Hochdruckgebiete, nämlich zum einen das nordosteuropäische Überbleibsel von Hoch LORIN, zum anderen das langgestreckte Azoren-Biskaya-Hoch, dessen antizyklonale 1020-hPa-Zunge weite Teile Mitteleuropas überdeckt.

      Als Nebenprodukt der 500-hPa-Geopotentialkarte für morgen Mittag (die in diesem Niveau vor allem den starken Gradienten über Südskandinavien zwischen Trog vor Norwegen und Keil von Westen bis nach Frankreich zeigt) ist auch noch mal die Luftdrucksituation am Boden zu sehen.

      In der Karte der pseudopotentiellen Temperatur auf 850 hPa für morgen Mittag ist die (verwellte) Kaltfront deutlicher zu erkennen, als es die DWD-Bodenprognose einem zunächst vermittelt. Im Alpenraum und Süd- sowie Südostdeutschland werden meist 50 bis 60°C angeboten, während in einem Streifen von der Ostsee bis in die westliche Pfalz häufig 30 bis 40°C angeboten werden. Weiter nordwestlich geht’s im Warmsektor sanft(er) auf oft über 40°C hoch.

      Für Berlin stellt sich die Frage, ob die (tageszeitlich eher ungünstige) Passage der Kaltfront anfangs Niederschlag bzw. sogar optische und akustische Reize für die Wetterbeobachter(innen) abseits von Regenprasseln und Wolken nach 6z bietet, ob hinter der Kaltfront weiteres Nass folgt (die Vormittags-MOSse wollen von all dem nichts wissen), und ob die Warmfront es großartig schafft, (hohe) Wolken heranzuführen, ob es noch die eine oder andere Quellwolke gibt oder ob die Hochdruckzunge alles wegleckt wie ein langsam schmelzendes Eis. Dies ist morgen, wenn auch ohne heißen Tag, natürlich ratsam, denn einen Sommertag sollten wir locker schaffen. Mir persönlich sehr angenehm ist zudem die in besagtem Streifen zwischen der alten Kaltfront und der neuen Warmfront der prognostizierte, niedrige Taupunkt. 🙂

      Ein Wort noch zum Wind: Wir können bei der beschriebenen Lage im Hinblick auf den Wind froh sein, wenn die Passage der Kaltfront sich an den „Fahrplan“ hält, denn das unmotivierte Umlaufen des Windes soll wohl erst nach 12z in und um Berlin einsetzen; vgl. GFS Wind Sonnabend 18z.

      Für den Sonntag könnte man das synoptische Phrasenschwein mit dem Ausspruch „er macht seinem Namen alle Ehre“ füllen, aber das reicht uns natürlich nicht. Die (vielleicht dann doch noch getaufte?) Hochdruckzunge des Azoren-Biskaya-Hochs soll mit über 1020 hPa weiterhin über großen Teilen Mitteleuropas liegen und jegliche Fronten(reste) wegputzen. Vom nördlich von Norwegen liegenden Tief, das derzeit als ROSWITHA benannt ist (und diesen Namen womöglich auch in der Analyse vom Sonntag noch tragen wird), soll eine Kaltfront bis vor die Küste Mecklenburg-Vorpommerns reichen und dort am Umkehrpunkt in eine Warmfront übergehen. Der zwischen dieser und einer Kaltfront über Großbritannien aufgespannte Warmsektor über der Nordsee soll übrigens, wenn auch in der Mittagsprognosekarte sichtbar, die letzten Reste des Sturms ex-ERNESTO beinhalten.

      Ich erspare uns alle möglichen Karten, die recht unspektakuläres Wetter am Sonntag für Berlin, verweise aber – wie so oft – auf die Nähe der Warmfront und die Möglichkeit einiger Cirren, werfe mal die These in den Raum, dass bei minimal höherer 850-hPa-Temperatur und vermutlich doch signifikant längerem Sonnenschein zwar ein höheres TX als am Vortag, aber wohl ziemlich sicher kein Heißer Tag erreicht wird und mache darauf aufmerksam, dass im Raum zwischen einstelligem Taupunkt im Südosten und fast schon schwüler Luft mit einem Taupunkt nahe 15°C im Nordwesten nur wenige Gitterpunkte (mit Option auf einige Wetterturnierpunkte mehr oder weniger) liegen.

      Mehr habe ich nicht; ach doch, natürlich wünsche ich Euch ein schönes Wochenende und jetzt erst mal (sofern noch nicht erledigt) viel Spaß beim Tippen! 🙂

      Viele Grüße,
      Heiko.

    • #12695
      Georg
      Administrator

      Vielen Dank Heiko, für die super synoptische Übersicht!

      Die Frage, ob am Wochenende in Innsbruck Gewitter registriert werden, ist keine leichte. Einerseits wird die Luft etwas feuchter, andererseits ist kein wirklich packender synoptischer Antrieb für hochreichende Konvektion auszumachen, zumal die paar Gewitter über den Bergen entstehen und mangels Höhenströmung nicht so leicht das Inntal erreichen. Schau ma mal…

      Herzliche Grüße,
      Georg

    • #12696
      nik
      Teilnehmer

      Vielen Dank für die schöne WB!
      In Wien steht aus Turniersicht ein relativ langweiliges Wochenende bevor, Details werden hier entscheiden. Innsbruck ist dagegen wie bereits von Georg erwähnt deutlich schwieriger zu prognostizieren, bin gespannt ob die Luft morgen feucht genug für Gewitter ist…

      LG,
      Nik

    • #12697
      Kaltlufttropfen
      Teilnehmer

      Vielen Dank für die klasse WB!

      Die Berliner haben ja nachts nix abgekriegt (bis auf etwas Wetterleuchten in Schönefeld), in Lindeberg hat`s immerhin auch mal
      gedonnert, das kostbare Nass blieb aber aus, bis auf einen laschen 3-Minuten-Schauer um 01.15 MESZ ohne meßbare Menge, dafür
      reichlich „Blitzlichtgewitter“ vom Spreewald her, da kam auch einiges runter, in Hohenbucko waren es immerhin 8,5 mm, aber
      selbst das ist wohl bei der Dürre nur ein etwas größerer Tropfen auf den heißen Stein.
      Bei den sicheren 4 0en werden wohl Nuancen über Sieger und Verlierer entscheiden…

      Gruß in die Runde

      Michael

    • #12698
      Hurricane
      Teilnehmer

      Hallo
      Wie letztes Wochenende bin ich auch dieses in den Bergen unterwegs, darum kann ich die Werte für Zürich-Fluntern nur sporadisch nachtragen, je nach Handy-Empfang. Danke fürs Verständnis und
      Gruess Urs

    • #12699
      Heiko
      Moderator

      Danke Euch für die Rückmeldungen und Ergänzungen!

      Theorie gestern Mittag: „<span style=“color: #2b2b2b; font-family: Lato, sans-serif; font-size: 18px;“>denn das unmotivierte Umlaufen des Windes soll wohl erst nach 12z in und um Berlin einsetzen</span>“

      Praxis heute Mittag: Südwind (Tegel 190°, Schönefeld 180°) eingetroffen, dagegen Westwind (oft mit leichter NW-Komponente; Petrus 280°) getippt.

      Schön auch die Unterschiede bei der Bewölkung (2/8 Tegel gegenüber 7/8 Schönefeld).

      Und dann um 12z ww=21 in Schönefeld (13z auch)? Nanu? Zweimal W=6, huch.

      Viele Grüße,
      Heiko.

    • #12700
      Kaltlufttropfen
      Teilnehmer

      Schönefeld auf weiter Flur in ganz Berlin und Brandenburg GANZ allein mit seinen Tröpfchen rund um den 12er Termin!
      So hundsgemein kann Wetterturnier sein… ;-(

      Trotz alledem schöne Spätsommergrüße in die Runde

      Michael

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