Wetterbesprechung 23./24.4.2022

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  • Dieses Thema hat 4 Antworten und 4 Teilnehmer, und wurde zuletzt aktualisiert vor 2 Jahren von nik.
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    • #17606
      Heiko
      Moderator

      Hallo liebe Freunde des Wetters,

      nach der Pause am Karfreitag…

      [Einschub: Und für mich nach einer längeren Pause, bei der ich einmal keinen Tipp abgegeben habe und an zwei Wochenenden nicht im Forum mitmischen konnte – vielen Dank an Alex und Rumo für Eure Aprilwetter-Besprechungen!]

      …geht es morgen wieder mit dem Tippen für unser Wetterturnier los! Für mich geht es aus Termingründen sogar schon heute mit dieser Wetterbesprechung los.

      Wie üblich, versuche ich, einen kleinen Überblick auf das Geschehen in der Atmosphäre aus Berliner Sicht für das Wochenende, das schon das letzte komplette in diesem April ist, zu geben, denn der übernächste Sonntag ist schon der 1. Mai.

      Wir befinden uns mitten im Frühling, und – wie Ihr im Detail für etliche Wetterstationen Deutschlands bei Bernd Hussing hier https://www.bernd-hussing.de/klima.htm nachgucken könnt – der bisherige April war deutschlandweit mehr oder weniger deutlich zu kühl / kalt, wenn man das Temperaturmittel der ersten beiden Dekaden mit den Referenzwerten von 1991 bis 2020 vergleicht. In Potsdam sind es beispielsweise -2,7 K Abweichung. Diese Wetterstation hat mit 89% ihr Niederschlagssoll noch nicht erfüllt, was den ganzen Monat angeht, aber schon sehr weit für die Bilanz vorgearbeitet. Jedoch gibt es in Leipzig (erst 37% dessen, was im ganzen April durchschnittlich zu erwarten ist) noch viel aufzuholen. Magdeburg als weiterer Vertreter der in der relativen Nähe Berlins liegenden Orte hat mit 101% sogar schon etwas mehr Nass eingesammelt. Aus Rheinstetten (150%) und Schleswig (186%) wurde markant mehr als das „normal“ fallende an Niederschlag gemeldet. Beim Sonnenschein hat Potsdam bisher 57% des langjährigen Mittels im April erreicht, während es in Leipzig nur 46% waren; dagegen sticht Würzburg mit 80% am oberen Ende heraus.

      Die 500-hPa-Karte des Geopotentials (GFS) für morgen (Freitag) Mittag (12z), zu finden hier https://www.wetter3.de/animation_dt.html zeigt auf den ersten Blick einen Langwellentrog über weiten Teilen Europas. Das höchste Geopotential in dieser Karte ist zwar weit nach Osten und Süden bis Südwesten abgedrängt. Der andere Teil der Wahrheit ist aber, dass sich zwar eine Höhentiefdruckzone mit zwei Zentren nordwestlich von Portugal und über dem Dreiländereck Polen-Weißrußland-Ukraine befindet, dass sich aber auch weiter nördlich ein Höhenhoch über dem Nordmeer erkennen lässt, das seinerseits die richtig kalte Luft über Sibirien und Kanada hält.

      Auf der Bodenkarte des DWD in Zusammenarbeit mit der Berliner Wetterkarte (zu finden hier https://wind.met.fu-berlin.de/wind/main.php?lId=400) für Freitag, 12z, zeigt sich das Hochdruckgebiet SPIRO etwa deckungsgleich zum Höhenhoch über dem Nordmeer (am Boden über 1035 hPa), dem die Tiefs SIMONE über der nördlichen Adria und THALKE nordwestlich der Iberischen Halbinsel (jeweils unter 1000 hPa) gegenüberstehen; das letztgenannte dieser zyklonalen Druckgebilde korrespondiert gut mit dem Höhentief an ungefähr gleicher Position, während der Wirbel SIMONE mit einem Kurzwellentrog in der Höhe zusammenpasst. Das „Höhenei“ über PL/BY/UA kann als Kaltlufttropfen aufgefasst werden, denn es gibt in der Bodenkarte kein „passendes“ Tief.

      Die grob östliche Bodenströmung mit dem Hoch im Norden und tiefem Luftdruck im Süden findet sich in der Bodenkarte für Sonnabend, 12z, wieder, jedenfalls für weite Teile Norddeutschlands. Berlin schnuppert, was sich mit jedem Kilometer nach Südosten (schöne Grüße nach Wien) noch verstärkt, am vielbesungenen (*) Isobarensumpf. Im Hinterkopf behalten sollte man (neben der Tatsache, dass ein Bodentief über dem südlichen Baltikum – als Anhängsel eines weiteren Tiefs im Bodenniveau Rumäniens – eingezeichnet ist) vor allem ein Tief über dem westlichen Frankreich.

      * = (OK, etwas übertrieben; mir liegen zumindest keine Kenntnisse über musikalische Bearbeitungen des Themas vor)

      Es ist dennoch nur ein Schnuppern, und ob es für 6er-Böen reicht, die möglicherweise (in Form von 25 Knoten messenden Böen oder mehr) auch turnierrelevant sind, möchte ich heute weder ausschließen noch garantieren. 🙂

      Was die Beantwortung der Frage nach signifikanten Böen mit „ja“ oder zumindest „eher ja“ erleichtern könnte, wären Schauer im Zusammenhang mit dem Höhentief, hervorgegangen aus dem zuvor beschriebenen Kaltlufttropfen, das am Sonnabend um die Mittagszeit über der Oblast Kaliningrad erwartet wird. Es scheint nach derzeitigem Stand (Donnerstag Abend) aber unwahrscheinlich, dass dieses (Höhen-) Tief einen solchen Einfluss auf das Wettergeschehen hat. Ob das gleichbedeutend mit einer sicheren Null beim Wv und Wn für Berlin ist, sei damit aber nicht automatisch gesagt. Ein einzelner Tropfen pro Wetterstation kann auch in Form einer 6 einige Punkte kosten – ein Tropfen nur in Schönefeld oder einer nur in Dahlem würde dank unserer aktuellen Arithmetik alle, die kein signifikantes Wetter tippen, dagegen entspannt lassen. Gespannt bin außerdem, wieviel Sonnenschein es am Sonnabend gibt und wie hoch die Temperatur steigen kann.

      Aus dem Hinterkopf hervorgeholt: Das Tief über Frankreich vom Sonnabend. 24 Stunden später, also am Sonntag um 12z, werden (möglicherweise aus diesem entstanden / stattdessen) zwei Tiefs über Mittel- und Westeuropa prognostiziert, die mit einer Luftmassengrenze dekoriert sind, die sich – mal als Warmfront, mal als Kaltfront – von den östlichen Karpaten über Süddeutschland bis zum nordwestlichen Ausgang der Biskaya erstreckt. Vom Baltikum (wo sich übrigens das nach Norden gezogene Tief befindet, das am Vortag noch über dem südlichen Baltikum lag) über Mittel- und Teile Südeuropas bis zum östlichen Nordatlantik lässt sich – um den Maßstab noch zu vergrößern – eine Art Tiefdruckrinne, zumindest Tiefdruckzone interpretieren…

      …und auch die Höhenkarte für Mitteleuropa ist dementsprechend nicht übersichtlicher geworden, im Gegenteil. Nun (Sonntag, 12z) soll es neben dem an der litauischen Küste liegenden, stärksten Tief in 500 hPa eines über Süddeutschland und eines an der Nordseeküste (weniger am plattdeutschen Strand, dafür vielmehr an den Gestaden der Niederlande, Belgiens, Nordfrankreichs und Südostenglands) geben. Und Berlin? Mittendrin – oder doch nur dabei?

      Die 850er-Karte des Geopotentials zeigt, dass sich Berlin weiterhin in der (unter der) eher sparsam temperierten, blau bis türkis eingefärbten Luftmasse befinden soll – aber was machen die Wolken? Auch wenn sich der Sonntag, wie der Vortag, trocken „ausgehen“ sollte, hält der Parameter „Bedeckungsgrad“ einige Grübelei parat. Unter den Tiefs in der Höhe und in der Nähe der – wohl mindestens ebenso unberechenbaren – Bodentiefs und ihrer Fronten sind das aber „Peanuts (*)“, denn: Es darf gerätselt werden, ob es im Tagesverlauf oder in der Nacht zum Montag Niederschlag nach Berlin schafft, in welcher Form er (falls bis 18z am Sonntag registriert) fällt – flüssig sollte klar sein, aber konvektiv oder stratiform? – und was sich bis Montag, 06z, daraus summiert.

      * = Achtung, enthält Erdnüsse – trifft ja auf Wetterbesprechungen im Allgemeinen nicht zu.

      Um mit einer Enttäuschung zu enden, was wir vom DWD ja (vgl. u.a. Automatisierung der Wetterstationen) gewohnt sind: Seit vorgestern werden die Bodenwetterkarten +108 Stunden ohne Fronten „bereitgestellt“. Na schönen Dank auch. Das Gute: Wer will, darf sich die Luftmassengrenzen selbst einzeichnen, so er oder sie will. Ist doch toll. Buntstifte sind aber selbst zu besorgen.

      Wir machen uns nichts draus und lassen uns unsere Freude am Wetter nicht vermiesen!

      Ich wünsche Euch ein schönes Wochenende, viel Spaß beim Tippen und freue mich auf Eure Ergänzungen!

      Viele Grüße,
      Heiko.

      • Dieses Thema wurde geändert vor 2 Jahren von Heiko. Grund: Einige Korrekturen
      • Dieses Thema wurde geändert vor 2 Jahren von Heiko.
    • #17614
      Nikosik
      Moderator

      Danke für deine tolle und ausführliche Wetterbesprechung, Heiko!

      Auch einige Stunden später ist der mögliche Niederschlag am Sonntag für Berlin das größte Fragezeichen und wird damit die Punkteunterschiede machen.

      Viele Grüße und allen ein schönes Wochenende
      Niko

    • #17615
      nik
      Teilnehmer

      Hi,

      bei meinem Tipp in Innsbruck ist was schief gelaufen, habe in der Eile am Dienstende offensichtlich dd und ff verwechselt 🙂

      @Alex
      : könntest du das bitte anpassen? Eigentlich hatte ich ff 12 bzw 9 kt getippt, aber das wurde wohl bei dd auf 10 gerundet. Kann mit jeweils 10 aber auch gut leben.

      LG,
      Nik

    • #17617
      Bibertaler
      Moderator

      Servus zusammen,

      herzlichen Dank dir, Heiko, für deinen super Überblick über die Berliner Luft – anders als zum Isobarensumpf existiert über diese bereits ein netter Kassenschlager 😉
      In den Alpen zeigt sich das Wetter dagegen wenig sumpfig. Es wird spannend, labile Luft, Tiefdurchgang, Südföhn in IBK, Gewitter in Wien, Böen in Zürich und und und… genug zu Diskutieren
      .
      In Innsbruck wird sich am Samstagvormittag der Südföhn herunterarbeiten und sich um die Mittagszeit auch am Talboden durchsetzen. Da der Druckgradient zwischen IBK und jenseits des Brenners erst in der Nacht auf Sonntag sein Maximum erreicht, besteht eine gute Chance, dass der Föhn nicht wirklich abhebt. Rotorföhn oder gar durchgängiger Föhn (beides für höhere Tmin recht brauchbar) könnten im LIDAR sichtbar werden. Wenn dem so ist, halte ich euch auf dem Laufenden. Am Sonntag lässt der Südföhn ohen klassischen Zusammenbruch nach. Mit steigendem Druck im Alpenvorland stellt sich die Frage, wie sich die Schichten im Inn- und Wipptal verhalten werden. Und am Nachmittag entstehen zudem noch Schauer und einzelne Gewitter, von denen eines hoffentlich den Weg in die Figl-Metropole finden wird.

      Zum Abschluss noch zwei Punkte, erstens, Niks Ausbesserungswünsche wurden inzwischen nachgetragen. Es ist schon mehr als offensichtlich, dass ff=140 selbst bei Föhn keine Chance auf Realität haben darf, daher sehe ich im Rahmen der Fairness keine Bevorteilung gegenüber anderen Tipps.
      Und zweitens, herzlichen Glückwunsch an den Karfreitag, der sich letztes Wochenende bis auf Wien überall „knapp“ gegen den Gründonnerstag durchgesetzt hat. Wer jetzt keine Ahnung hat, worauf ich anspiele, der bzw. dem empfehle ich einen Blick ins Archiv 😉

      Schmunzelnde Grüße ausm Inntal
      Bibertaler

    • #17618
      nik
      Teilnehmer

      Vielen Dank! 140 kt Mittelwind würden einem Kategorie-5-Hurrikan entsprechen, das schafft nicht einmal der Patscherkofel 🙂
      In Wien hat übrigens Gründonnerstag die Nase vorn gehabt…

      LG,
      Nik

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