WB zum Narrenwochenende 17. bis 19. 02.2023

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    • #18497
      Bibertaler
      Moderator

      Servus zusammen,

      Drei Jahre hat es gebraucht, drei Jahre der Enthaltsamkeit, doch nun dreht sich alles nur noch um ein Thema – wer hat den sinnlosesten Reim auf Lager, wer hat den lahmsten Text und wer das dümmste Lied. Ihr seht schon, hier schreibt ein wahrer Faschingsliebhaber. Dabei muss es nicht immer ein Leben am Intelligenzminimum sein. Es gibt satirische Hochkaräter dies und jenseits des Rheins und auch uraltes Brauchtum, das unbedingt weiter so gelebt werden muss, wie es zum Beispiel in der Tiroler Fasnacht der Fall ist. Zwar finden die Umzüge in den einzelnen Orten nur alle paar Jahre statt, manchmal sind es vier, einen Ort weiter fünf Jahre, aber wenn sie stattfinden, ist das ganze Dorf auf den Beinen und bewundern Matschgerer, Muller, Scheller, Spiegeltuxer, Wamperler und wie sie alle heißen. Aber am kuriosesten sind wohl die „Bluatigen“ aus Axams, die alle vier Jahre in Axams am gumpigen Donnerstag dem Tod hinterher laufen, um den Menschen mit ihrem Aussehen und Fauchen die Vergänglichkeit vor Augen zu führen. Nur mit Kopftuch und Unterhose, aber blutgetränkt und mit Tiergedärmen ausgestattet gelingt ihnen das zweifelsfrei nicht nur visuell, sondern auch olfaktorisch. Und das alles nur aus einem Grund: die Vergänglichkeit, das Ende des Lebens und des Winters. Ob der Winter schon endgültig vorbei ist, kann man gerne noch bezweifeln, aber wir können uns damit beschäftigen, wie sich das Wetter am heurigen Wochenende für alle Jecken und Narrinnen verhält und damit helau und alaaf zur dieswöchentlichen Wetterbesprechung.


      Fronten und Bodendruck für Freitag 12Z [Quelle: wetterpate.de FUBerlin DWD]

      Wetterlage
      Das gefühlt wochenlange Hoch, das zunächst noch Elisabeth hieß, verliert seinen Einfluss in Mitteleuropa. Es bleibt aber weiterhin hoher Luftdruck vom östlichen Atlantik, über die Biskaya bis ins mittlere Mittelmeer und als Brücke weiter bis ins Erdbebengebiet, wo es als Hoch Feuka über der östlichen Türkei den Bildrand verlässt. Über Nordeuropa liegt dagegen eine recht aktive Tiefdrucktätigkeit vor. Zwischen Tief Stefan über Russland und Tief Volker über dem Atlantik gibt es noch das Siamesische Tief Tom, die Trennung nach der Geburt hat für eine Distanzierung gesorgt, wie es für Zwillinge eher ungewöhnlich ist, und – für uns relevant – Tief Ulf mit seinem Zentrum über Südnorwegen. Anhand der Isobarendrängung kann man erahnen, dass es hier mit ordentlich Wind durch den rußigen Freitag geht, und natürlich dürfen da auch die Fronten mit etwas Regen nicht fehlen, der in weiten Teilen Mitteleuropas schon länger nicht mehr gefallen ist.



      GFS-Geopotential mit Isotachen auf 300 hPa oben, sowie GFS-ThetaE auf 850 hPa mit GFS-Niederschlag (>1mm) als graue Schattierung unten [ertel2.uibk.ac.at, ACINN]


      Wetterablauf

      Es geht eigentlich schon während unserer Tipps ordentlich rund. Die Warmfront von Ulf passiert gerade Ostdeutschland, die Kaltfront ist gerade von der Nordsee auf Landgang gewechselt und der Nordalpenraum sieht sich seit langem mal von der Sonne abgekoppelt. Südlich vom Alpenhauptkamm sieht man jedoch Leewellen, die nach dem Absinken überbleiben. Bevor die Kaltfront jedoch den Alpenraum erreicht, geht sie direkt in die Warmfront des nachfolgenden Tiefs Volker über und wird morgen Vormittag und Mittag für Berlin und Leipzig eine 0-Nummer bei der Sonnenscheindauer bringen, gleichzeitig ist hier die Luftmassengrenze spannend, die über Brandenburg für eine ordentlich Spanne zwischen der kühleren Uckermark und der um zweistellig milden Niederlausitz sorgen wird. Südlich davon ist es deutlich zu mild mit Werten, die einen schon fast an März denken lassen. Die 15 Grad in Innsbruck werden mit Westföhn übern Wienerwald wahrscheinlich in Wien noch übertrumpft werden.

      Am Sonntag erreicht dann auch die Kaltluft hinter Volker Mitteleuropa. Es regnet nochmals recht verbreitet, allerdings ohne ergiebige Mengen, wenn man von Nordwestlagen der Mittelgebirge und Alpen absieht. Sobald die Kaltfront bzw. Okklusion durchgezogen sind, lockert es auf, was sich noch für ein paar sonnige Momente in Berlin ausreichen sollte, für Leipzig wird es dagegen etwas knapper, selbiges gilt auch für Wien, während inneralpin noch mehr Wolkenlücken auftreten. Da hier die Kaltluft noch nicht angekommen ist, wird es nochmals sehr mild in und um die Alpen, wenn auch 2 Grad kühler als am Vortag. IN Leipzig und Berlin brachte der auf Nordwest drehende Wind bereits die Abkühlung auf deutlich einstellige Werte, was sich bereits am Montag durch Warmluftadvektion erledigt hat. Bis zum Aschermittwoch bleibt es dann unter der Warmluft deutlich zu mild mit trockenen Verhältnissen im Westen unter Hochdruckeinfluss und weiteren Tiefausläufern mit Regen im Osten – von Schnee sind wir derweil weit weg, was die Annahme nahelegen könnte, dass es das mit dem Frühlings gewesen sein könnte.


      GFS vs EZ, die dunkle gegen die helle Seite der Macht, quasi Winter gegen Frühling ab Aschermittwoch [Quelle: http://www.wetterzentrale.de]

      Aussichten
      Während in der Nassereither Fasnacht der Bär als Repräsentant des Frühlings über den winterlichen Bärenreiter ringt, lassen uns unsere Modelle ein wenig uneindeutig zurück. Beim Glaskugelblick ins EZ und GFS geht nach der Nubbelverbrennung der Trend doch erheblich auseinander. Das GFS lässt mit einem stabilen Hoch über dem Atlantik ab Donnerstag keine weitere Tiefdruckentwicklung aus Westen zu und sorgt mit Nordanströmung für polare Luftmassen über Mitteleuropa, sodass es vorübergehend nochmals winterlich werden könnte. Das EZ hat auch einzelne Members, die in diesem Zeitraum nach unten stürzen, allerdings bleibt die Mehrheit doch eher auf zu warmen Niveau, welches die aktuelle milde Witterung fortsetzen könnte. Hier ist ebenfalls ein Hoch auf dem Atlantik zu finden, es reicht aber nicht weit genug nach Norden, um das Islandtief abzudrängen. Nach dem Wochenende sehen wir dann besser, welche Überraschungen uns dann nach der 5. Jahreszeit erwarten werden. Eins ist jedoch sicher und lässt sich am Sonnenstand nicht leugnen – Frühling wird es sicher in absehbarer Zeit. In diesem Sinne, ein spaßiges Wochenende, viel Erfolg beim Tippen und Kommentieren und kommt gesund über den Aschermittwoch.

      Viele Grüße ausm Main‘schen Dauergrau
      Bibertaler

      • Dieses Thema wurde geändert vor 1 Jahr, 10 Monaten von Bibertaler. Grund: Bilder
    • #18499
      Georg
      Administrator

      Weltbester Alex,

      vielen Dank für Dein synoptisch-literarisches Meisterwerk, das narrisch gut gelungen und höchst lesenswert ist. Nach dem Hochdruckwetter der letzten Tage freue ich mich nun auf ein paar Wetterkarten mit klaren synoptischen Strukturen zur 5. Jahreszeit. Tja, das ist schon ein ganz schönes Durcheinander bei den Jahreszeiten, wenn man in diesen Tagen auf das Thermometer guckt.

      Viel Erfolg beim Tipp und viele Grüße,
      Georg

    • #18500

      Hallo Alexander,

      ich kann mich Georg nur anschließen.

      Und ein wenig Brauchtumslehre war auch noch dabei.

      Der sogenannte Hochwinter glänzte hier bei mir vor der Haustür von Dienstag bis Donnerstag mit

      Maxima von 14,3/15,4/12,1°C – in den mittleren Höhenlagen war’s am wärmsten – 860 Meter wohne ich hoch.

      Heute hat es bisher auf 7,7°C abgekühlt – das ist alles der Wahnsinn.

      LG Sven

    • #18501
      nik
      Teilnehmer

      Vielen Dank für die schöne WB!
      Das Wochenende in Wien steht voll und ganz im Zeichen von Westföhn, ein vergleichsweise langes Ereignis für Wien. Der Westwind hat bereits gegen 10z begonnen und wird bis zum Frontdurchgang am Sonntagnachmittag anhalten. Im Stadtgebiet werden bereits Sturmböen gemessen, der vorläufige Höhepunkt könnte schon heute Abend anstehen (der stärkste Wind in 925 hPa wird um 18-21z erreicht, wenn es den runtermischt gehen sich Böen zwischen 90 und 100 km/h aus. MOS sieht die maximalen Spitzen erst morgen tagsüber… mal abwarten).
      Der anhaltende Westwind sorgt hier jedenfalls für die ersten Frühlingsgefühle und auch die kommenden Nächte werden sehr mild verlaufen.

      LG,
      Nik

    • #18505
      Bibertaler
      Moderator

      Servus zusammen,

      ich revidiere – die 21.7 Grad von Innsbruck eben wird Wien nicht mehr knacken. Zwar hat die lebenswerteste Stadt der Welt schon sehr milde, oder sagen wir besser eher warme 17-18 Grad, die man sich am Freitag auch schon hätte trauen müssen, aber dass in Innsbruck ebenfalls Westföhn durchbricht (Nordföhn übers Seefelder Plateau kann man aufgrund der dortigen Windrichtung ausschließen), das erschien mir gestern für heute doch zu unwahrscheinlich. Und nun haben wir 21.7 Grad bei -5 Grad Taupunkt und kratzen an den stürmischen Böen. Die Durchmischung klappt aktuell von rund 2800m herunter. Eins ist sicher – das wird ein ziemlich niedriger Wochenendsieg für irgendjemanden werden.

      Viele Grüße
      Bibertaler

    • #18506
      Georg
      Administrator

      Lieber Alex,

      damit verfehlt Innsbruck den ersten Sommertag des Jahres um nur 3,3 Grad. Aufgrund der Warmluftadvektion hielt ich den heutigen Föhndurchbruch für unwahrscheinlich. Morgen sollte es wieder föhnen, die warme Vorgeschichte und die Kaltluftadvektion sind starke Argumente dafür.

      Ganz herzliche Grüße,
      Georg

    • #18507
      Bibertaler
      Moderator

      Wie gestern schon abzusehen und von Georg auch angemerkt – Westföhn die zweite in Innsbruck. Für den Mittagstermin eben war es leider einen Tick zu spät, aber die Abweichungen bei der Tmax und bei den Böen heute – zusammen mit dem Punktedesaster gestern – lassen es bei den neuen Abzügen schon sehr kräftig in der Magengrube rumpeln.
      Viele Grüße
      Bibertaler

    • #18508
      Achentaler
      Teilnehmer

      Hallo zusammen,

      herzlichen Dank für die WB auch von mir. Der Westföhn vom Samstag war sehr beeindruckend.

      Die Höhe der Durchmischung dürfte hier wohl ca. auf Brunnenkogelniveau (3429m)  liegen, der am Samstag zwischen 12 und 18 Uhr Lokazeit zwischen -4 und -6 Grad „warm“ war (Quelle ZAMG). Es bleibt zu hoffen, daß im Sommer dem Inntal eine Unwetterlage mit großer Erwärmung in der Höhe und Durchmischung bis ins Inntal erspart bleibt, bei hochsommerlichen 0° in 5000 m hätte das bei Durchmischung 44° im Inntal zur Folge, das erscheint mir dann doch irgendwie zu apokalyptisch, aber die 21,7° vom Samstag hätte ich als Vorhersage am Freitag auch niemanden geglaubt, und sie eher in die Kategorie Faschingsscherz eingestuft… …

      viele Grüße Peter

       

       

       

    • #18509
      Georg
      Administrator

      Hallo in die gebeutelte Innsbruck-Runde!😉

      Die berauschende Punktzahl von 48,1 hat für das Treppchen gereicht an einem Spieltag mit historischen Abzügen, die natürlich auch dem neuen Punktesystem geschuldet sind. Meine Prognose war jetzt nicht der ganz große Wurf in der wahrhaftig närrischen Zeit. Unser Adrian hatte am Freitag von allen die besten Zahlen ins Rennen geschickt und setzt auch in der noch jungen Jahreswertung ein starkes Lebenszeichen.

      Ganz herzliche Grüße,
      Georg

    • #18510
      Heiko
      Moderator

      Hallo und vielen Dank an Alex für Deine karnevaleteorologische Wetterbesprechung, und toll, dass es diesmal so eine rege Beteiligung gab (der ich aus Zeitgründen leider nur passiv folgen könnte)!

      Das Wetter hatte ja in Berlin die eine oder andere Abweichung vom Plan parat, und mittlerweile hat es auch der Saharastaub in die Medien geschafft. Dies war und ist ebenso beim (wie oben angesprochen, fehlenden) Niederschlag u.a. in Italien (trockene Kanäle in Venedig) und Frankreich der Fall.

      Viele Grüße,
      Heiko.

    • #18511
      Georg
      Administrator

      Hallo Heiko,

      es freut mich auch, dass die hochklassige bibertalische WB unserem Forum Vitalität eingehaucht hat.🙂

      Gibt es eigentlich einen Zusammenhang zwischen den niedrigen venezianischen Pegelständen und der historischen Dürre in Norditalien? Meine vorsichtige Vermutung ist, dass der Meeresspiegel auch in Venedig in erster Linie von Gezeiten (Flut und Ebbe) und Wind (Richtung und Geschwindigkeit) abhängt. Zuletzt bin ich aber öfter über die nicht näher erklärte Verbindung von Dürre und Niedrigwasser in Venedig gestolpert.😉

      Euch ganz herzliche Grüße,
      Georg

       

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