Startseite › Foren › Wetterturnierforum › WB zum Kampf der Luftmassen vom 29.01.-31.01.2021
Schlagwörter: WB
- Dieses Thema hat 3 Antworten und 4 Teilnehmer, und wurde zuletzt aktualisiert vor 3 Jahren, 10 Monaten von Bibertaler.
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Januar 29, 2021 um 2:18 pm Uhr #15981Snab_LEModerator
Hallo zusammen,
Ein kurzer Blick aus dem Home-Office-Fenster hier in Leipzig zeigt ein gewohntes Bild in diesem Januar: Tauenden Neuschnee. Nach den grausigen Winterhalbjahren 2018/19 und 2019/20 meldet Leipzig-Holzhausen tatsächlich heute den 16. Schneedeckentag im Januar, wobei nie mehr als 5cm Schnee registriert wurden. Ein Stück nach Süden oder den Berg rauf sieht das schon anders aus. In den letzten Wochen konnten vor allem unsere Turnierteilnehmer aus den Nordalpen, aber auch aus den deutschen Mittelgebirgen eine Menge Schnee genießen. Innsbruck meldete am 18.01. 47cm Schneedecke, Zürich-Fluntern am 16.01. 40cm. Die wiederholten Schneefälle verdanken wir vor allem der stetigen Präsenz eines Langwellentroges über Skandinavien, der Mitteleuropa bodennah mal mehr, mal weniger stark mit Kaltluft versorgt und atlantische Fronten zum Aufgleiten zwingt.
Quelle: ninjo.university/Entsprechend „zugespitzt“ geht es aktuell in einem Streifen über der Mitte Deutschlands zu: Temperaturen um den Gefrierpunkt im Nordosten Deutschlands stehen sehr milden 10-12°C am Oberrhein gegenüber. Dort wie auch in den Alpen sorgt eine labile Schichtung für viel Wind und konvektive Niederschläge, mit denen die Schneedecke bis auf 1400m weiter angefressen wird. Den nördlichen Mittelgebirgsraum und Teile des Tieflandes dominiert dagegen aktuell ein breites Niederschlagsband an der aufgleitenden Warmluft, das je nach Mächtigkeit der Kaltluft vielerorts Schnee, im Südteil aber auch gefrierenden oder nicht mehr gefrierenden Regen bringt. Als Trennungslinie zeigt sich das Druckminimum entlang der Tiefdruckrinne OLAF verantwortlich, welches 12UTC von Friesland über den Harz bis nach Mittelsachsen reichte. OLAF folgt wie seine Vorgänger und Nachfolger auch einer Kurzwelle, die im Niveau 300hPa in eine breite Frontalzone eingelagert ist und sich heute über Deutschland hinweg bewegt.
Quelle: MIUB BonnEin Hauptniveau tiefer auf 500hPa erscheint diese Welle eher als Ensemble aus mindestens 3 Vorticitymaxima, die die schleifende Front über der Mitte munter hin und her schwingen lassen und eine Vorhersage über die Niederschlagsphase bis in die Kürzestfrist sehr schwierig gestalten. Fest steht aber: Berlin wird wie weite Teile Norddeutschlands morgen einige Zentimeter Schneedecke melden (die darf ja leider nicht mitspielen). Zwischen Bremen und Sachsen-Anhalt braucht die Meldung wahrscheinlich auch 2 Digits, was für diese Region schon ein außergewöhnliches Ereignis (EFI >0.9) wäre. Alle anderen südlich davon dürfen den vergangenen Wintertagen vorerst hinterhertrauern.
Quelle: https://kachelmannwetter.com/de/modellkarten/sui-hd/super-hd/schneefallgrenze/20210130-0600z.html / https://apps.ecmwf.int/webapps/opencharts/products/efi2web_sf?area=Europe&base_time=202101290000&day=1&quantile=99An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass nur noch bis Sonntag die Möglichkeit besteht, im Nachbarthread denjenigen „Synoptiker des Jahres 2020“ auszuwählen, der nicht nur mit solchen Wetterlagen am besten zurecht kommt. Bitte nehmt euch die Zeit und schaut, welche 3 Spieler ihr für diesen Titel nominieren würdet, die Auswahl geht dann ganz einfach mit einem Klick ins Kästchen: https://wetterturnier.de/forums/topic/synoptiker-des-jahres-abtimmung-2020/
Am Samstag geht es im Turniergebiet ähnlich bunt zu. Meridional ausgerichtete WLA vor dem neuen Atlantiktief PETER wölbt einen westlich von uns einen flachen Keil auf, der zusammen mit höherem Luftdruck bei Island wieder Kaltluft gen Süden starten lässt. Diese kommt in Bodennähe bis zum Mittag auf eine Linie Frankfurt-Franken voran und dürfte spätestens Sonntagmorgen die Nordalpen erreicht haben. Während Berlin um 06UTC also mitten im Schneefallgebiet einer Welle starten wird, dürfte auch in Leipzig an der Kaltfront nochmal eine eher symbolische Wv=7 fallen. Da der Höhentrog nur zögerlich nach Süden übergreift, sollte die Schichtung außerhalb der Ostseeregion nicht sonderlich labil sein. Bei nördlicher Windrichtung und kalter Bodenluftmasse (-10°C bei etwa 840hPa) sollte man aber ein paar flache Schneeschauer im Hinterkopf behalten. Für einen Eistag i beiden Städten ist die Luftmasse dagegen einen Tick zu mild.
Quelle: MIUB BonnIm Süden steht der Tag dagegen im Zeichen des neuen Tiefs, welches vom Druckanstieg entlang der Kaltfront nach Südosten über Frankreich geleitet wird. Hohe ThetaE >30°C im Warmsektor und die Überlagerung von starker WLA und schwacher PVA an durchlaufenden Wellen sorgt für ein weiteres Niederschlagsband, aus dem in Zürich 10-15mm, in Innsbruck und Wien eher 5mm Niederschlag bis Sonntag 06UTC fallen wird. Die österreichischen Turnierstädte könnten allerdings unter Zwischenhocheinfluss einen trockenen, in Wien sogar teils sonnigen Vormittag bekommen. In der Warmluft steigt die Schneefallgrenze von 1200m auf fast 2000m an, wodurch die Tauwetter- und Hochwassersituation im Südwesten nicht wirklich entschärft wird. Entsprechend werden in Innsbruck und Zürich auch noch einmal 8°C, in Wien gar 11°C erreicht. Die Wiener dürfen auch noch die Frage um das Fx gleich zu Beginn des Vorhersagezeitraumes klären, welches im Sturmfeld des abziehenden Tiefs OLAF erreicht wird.
In der Nacht zum Sonntag stößt die Kaltfront in die Alpenregion vor, je nach Timing hat sie Innsbruck und Zürich auch schon bis 06UTC erreicht oder wird es dann am Vormittag tun. Weiter nördlich konnte sich die Kaltluft samt Druckmaximum durchsetzen. Vor allem Berlin steht damit eine weitgehend klare Nacht mit tiefen Minima um -7°C bevor, während Leipzig noch etwas länger im Nordoststau unter tiefer Bewölkung hängt. ICON und einige MOSse liebäugeln auch mit etwas Nebel an der nördlichen Kante der tiefen Bewölkung. Spätenstens zum Mittag reißt aber auch in Leipzig die Wolkendecke auf. Berlin wird am Nachmittag dagegen bereits wieder von etwas feuchteren Luftmassen von der Nordsee erreicht, die neue Wolken mitbringen werden. Schneefall bringen diese aber voraussichtlich nicht. In einer gut durchmischten Grenzschicht unterhalb der Absinkinversion werden in beiden Städten wieder knapp positive Maxima erreicht.
Quelle: MIUB BonnAn den Alpen werden Bewölkung und Niederschläge dank anhaltendem Nordstau nur langsam weniger, entsprechend haben die Innsbrucker auch noch ein Wn zu tippen. Je nach Timing der Front könnte das Maximum der Temperatur auch schon am Morgen erreicht werden. In allen 3 Städten liegt dieses aber auf jeden Fall nochmal deutlich über 0°C. Über Zürich wird die Kaltluft gen Nacht zum Montag gar wieder rückläufig und mit einer neuen Warmfront könnten noch vor 06UTC am Montag wieder neue Niederschläge einsetzen.
Quelle: https://kachelmannwetter.com/de/modellkarten/german/deutschland/thetae-2m/20210129-1500z.htmlVoraussichtlich dürfte dieser neue Warmluftangriff über dem Südwesten Deutschlands verhungern, sodass ich nach 3 Tagen sagen würde: Punkt für die Kaltluft, aber bis zum nächsten Nordwärtsgreifen der atlantischen Luftmassen bleibt es nur eine Frage der Zeit.
Allen Spielern ein erfolgreiches Spiel!
Oscar
- Dieses Thema wurde geändert vor 3 Jahren, 10 Monaten von Snab_LE.
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Januar 29, 2021 um 3:04 pm Uhr #15983HeikoModerator
Hallo zusammen,
vielen Dank an Oscar für Deine tolle Wetterbesprechung und die eindrucksvollen Karten!
Ja, diesmal sieht es in Berlin recht vielversprechend aus mit dem Timing – erst Schneefall, dann (relative) Kälte. Freue mich in dem Zusammenhang nicht nur auf die Entwicklung beim Wetterturnier am Wochenende, sondern bin auch gespannt darauf, wie sich die weitere Entwicklung beim Wetter über den Monatswechsel hinaus gestalten wird.
Leider hatte ich in den letzten Monaten nicht viel mehr Zeit, als kurze Tipps abzusetzen, weswegen ich aus Fairness nicht bei der Abstimmung mitmachen kann, weil ich mir schlicht kein ausreichendes Bild würde machen können.
Wünsche Euch allen ein schönes Wochenende und (so gewollt und möglich) „Ski und Rodel gut“. 🙂
Viele Grüße,
Heiko. -
Januar 29, 2021 um 5:22 pm Uhr #15986KaltlufttropfenTeilnehmer
Vielen Dank für deine herausragende WB!
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Januar 29, 2021 um 7:25 pm Uhr #15987BibertalerModerator
Servus zusammen,
viele Dank dir, Oscar, für die wiedereinmal herausragende WB. Wenn man selber weiß, wieviel Arbeit dahinter steckt, weiß man das umso mehr zu schätzen und nicht erst, wenn es mal keine WB geben sollte. Zum Wetter in Berlin und Leipzig hast du ja schon ausgiebig ausgeführt. Ich gönne euch die Winterchance von ganzem Herzen, auch wenn meines sehr schmerzt beim Blick nach draußen. Föhn, Regen und heute sogar über 10 Grad an der Uni haben die 50cm (gemessen sowohl am Pulverturm unweit von Flughafen und bei mir ums Eck auf einem ungeräumten Parkplatz) auf nur mehr klägliche „Reste“ von 5-10 cm vermatschisieren lassen … entweder es sind festgefrorene Schneehaufen oder reinster Schneematsch … egal, zurück zum kommendenen Wetter. Aktuell breitet sich Niederschlag über Tirol aus, der morgen fürs Wv interessant werden könnte. Zusätzliche Feuchte, der an sich schon feuchte Schnee, hoher Taupunkt und Auflockerung/Aufklaren in der zweiten Nachthälfte – an sich keine schlechten Bedingungen für Nebel, wenn auch nicht bilderbuchartig. Aber wer braucht schon bilderbuchartig, wenn die Realität schon so weit vom Normalen abweicht. Jedenfalls würde es mich nicht wundern, wenn die Sicht morgen früh eingeschränkt ist und sich einige bekannte Namen über die Punkte freuen. Persönlich habe ich mich leider im letzten Moment dagegen entschieden, weil mir das Auflockern etwas zu kurz vorkam und es schonmal nur so flache Nebelbänke am Inn gab, aber eben keinen gemeldeten Nebel, oder es gab gleich weniger interessanten Hochnebel. Egal, was passiert, es wird auf jeden Fall spannend.
Außerdem ist auch der Sonntagnachmittag interessant. 0 6 7 8 – wer bietet mehr? Letzten Endes ist alles eine Frage des Zeitpunktes. An sich stimmt dein Argument mit dem Nordstau an den Alpen mit Wv (ich hoffe auf Schneeregen am Morgen) und auch Wn am LOWI, allerdings ist die Richtung da direkt über die Nordkette fließend und auch die Signale in den Modellen lassen im Tagesverlauf immer weiter nach. Meiner Meinung besteht eine hohe Chance, dass der Nachmittag schon trocken bleibt, bzw. man zumindest die Streifen an der Nordkette sieht, aber nichts unten ankommt. Wir werden es mit Argusaugen beobachten.
Und noch ein kleiner Nachtrag zum Schnee und Föhn, die Auswirkungen von letzterem konnte man heute auf der Webcam sehen. Während sogar im Inntal eine geschlossene (wenn auch in der Stadt nicht wirklich nachvollziehbar) Schneedecke liegt, sind die bekannten Föhnstriche im östlichen Wipptal und die Absinkbereiche beim Föhn über den Patscherkofel zwischen Igls-Aldrans-Rinn bereits wieder grün. Die westliche Wipptalseite (Mutters/Natters) ist offenbar weniger stark vom Föhn beeinflusst (das Wipptal macht eine kleine Biegung und dieser Teil liegt damit im Lee der Serles) und kann sich noch weiter ihrer Schneedecke erfreuen. Ob der Schnee jetzt „gefressen“ wurde, weils zu warm war, oder verweht wurde, sei dahingestellt – er ist jedenfalls weg 🙁
https://www.foto-webcam.eu/webcam/innsbruck/2021/01/29/1120
Blick von der Seegrube aus nach Süden ins Wipptal, links gehts nach Osten, recht nach Westen.Euch allen noch ein schönes Wochenende und viele Grüße aus dem „Noch“-Winter
Bibertaler
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