Sankt-Martini-WB vom 10 bis 12.11.17

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      Bibertaler
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      Servus zusammen,

      „Fällt der Schnee vor Martini übern Inn, ist der halbe Winter dahin“… In den letzten paar Jahren hatte dieser Spruch bereits im Oktober viele Hoffnungen zerstört, als im Inntal der erste Schnee mit Schneebruch und allem Drum und Dran liegen blieb. Bis auf den letzten Montag mit leichtem Schneeregen ist das dieses Jahr zum Glück nicht geschehen. Nun steht Sankt Martin vor der Türe – die Gänse zittern schon ein bisschen, nicht nur der Kühle wegen. Sankt Martin, der von 371–397 n.Chr. Bischof von Tours war, ist ja als Mantelteiler für die Armen weltweit bekannt und ist mit seinem Mantel sozusagen ein Vorzeichen für den bald eintreffenden Winter. So ranken sich um seinen Namenstag etliche Regeln aus des Bauerns Beobachtungen wie „Hat Martini einen weißen Bart, wird der Winter lang und hart“ oder „Wie St.Martin führt sich ein, soll zumeist der Winter sein.“ Andererseits gibt es auch den Martini-Sommer, beim dem sogar nochmal die Natur aufblüht. Der Legende nach sollen nach dem Tod des heiligen Martins, damals noch Bischof, am 8. November die Sträucher am Loire-Ufer nochmal aufgeblüht sein, als der Leichnam auf einem Boot vorbeifuhr. Ab und zu kommt das auch heute noch bei Sträuchern und der entsprechenden Warmluftadvektion vor. Aber „St. Martins Sommer währt nicht lange“. In welche Richtung sich unser Wetter entwickelt, das schauen wir uns jetzt an.

       

      Vorhersage Bodendruck Freitag 12 UTC vom DWD (Quelle: Wetterpate.de)

      GFS-Geopotential auf 300 hPa mit Isotachen vom Ertel (ertel2.uibk.ac.at)
      GFS-Äquivalentpotentielle Temperatur auf 850 hPa mit grau schatierten Niederschlag vom Ertel (ertel2.uibk.ac.at)

       

      Zum Beginn unseres Vorhersagezeitraumes starten wir mit einer starken Nordwestanströmung bedingt durch ein Tiefdrucksystem über dem Nordatlantik und Skandinavien und einem Hoch über dem Atlantik nördlich der Azoren. Südlich von uns liegt noch ein weiteres Tief über dem Mittelmeer, dass sich allerdings weiter nach Süden verlagert und für uns keine Rolle mehr spielt. Außerdem müssen wir uns noch mit den Resten von Tief Michael abfinden, dessen Kaltfront zum Abend quer über Deutschland liegt und bis zum Samstagmorgen die Alpen bis Wien erreicht und rasch noch weiter nach Osten abzieht, Reste bleiben aber in den Nordalpen hängen und sorgen für leichte Niederschläge. Viel wichtiger ist aber die Entwicklung da draußen auf dem Atlantik. Südlich von Grönland bildet sich eine Shapior-Keyser-Zyklone und stromabwärts von diesem ist noch der Ex-Tropensturm Rina unterwegs und steuert Freitag gegen 18 UTC auf die Britischen Inseln zu. Zeitgleich schickt das Tief über dem Nordatlantik kalte Luftmassen aus Nordgrönland langsam auf den Weg nach Süden.

       

      Nettes Bild von Rina am Mittwoch über dem Atlantik, hier noch als Tropensturm (Quelle: https://worldview.earthdata.nasa.gov)

       

      Am Samstag dann zieht Rina von Irland über Belgien und Nordfrankreich auf die Alpen zu. Rinas Warmfront erreicht Zürich bereits zum Mittagstermin, Wien und Innsbruck am späten Nachmittag bis Abend. Berlin und Leipzig bekommen von den Fronten nichts mit. Dafür sorgt untertags der Kurzwellentrog – der mit Rina im Süden – für einige Schauer über Nord- und Ostdeutschland. Von der Deutschen bis Polnischen Ostseeküste können auch einzelne Gewitter dabei sein, aber da hilft die noch mit 10°C warme Ostsee und die Kälte aus Michaels Kaltluftsektor (<-37 °C auf 500 hPa) mit, die nur bis Mecklenburg-Vorpommern reicht. Gegen Samstag 18 UTC liegt Rina direkt über Deutschland und trennt den bereits kälteren Norden vom noch wärmeren Süden. Ihre Kaltfront liegt auf 850 hPa dabei im nördlichen Teil von Rheinland-Pfalz und ihre Warmfront reicht von Nordbayern bis nach Ostösterreich. Südlich davon im Warmluftsektor muss neben Regen auch mit Sturmböen über 70 km/h gerechnet werden.

      Von Nordwesten kommt derweil die Kaltluft auch langsam im Süden an. Wie diese Luft jetzt im Süden ankommt hängt von der Entwicklung der Hammerzyklone ab, die noch am Freitag hinter Rina auf dem Atlantik hinterher zog. Die Grenze entwickelt sich angetrieben durch die aus Norden zuströmende Kaltluft zu einer langgezogenen Kaltfront mit einem kurzen warmen Stück, das im ECMWF ab Sonntag 6 UTC die Luftmassengrenze nochmal bis Mittag nach Norden bis Sachsen verlagert. GFS sieht diese Warmfront eher schwächer bis fast nicht wirksam. Wo sie sich noch einig sind ist, dass die Luftmassengrenze am Sonntag 6 UTC vom Ärmelkanal aus nördlich der Bretagne beginnt und mitten durch Baden-Württemberg und Bayern und weit nach Osten entlang der Österreich-Tschechischen Grenz reicht. Über Frankreich unterscheiden sie sich etwas, liegt sie im ECMWF etwas weiter nördlich und passt sich der Französischen Grenze an, so ist im GFS der Norden Frankreichs schon in der Kaltluft. In unserem Norden, also für Berlin und Leipzig, hat mit dem ECMWF zumindest Leipzig eine Chance, noch von der Warmfront getroffen zu werden. Nach dem GFS wird es dagegen eher nichts mit der Front werden, dafür ziehen da ab Sonntagmittag Schauer aus der Trogachse drauf, möglicherweise schon vor 12 UTC. Im Süden kann es sich am Alpenhauptkamm und einzelnen Tälern wie dem Wipptal südlich von Innsbruck vor der Kaltfront sogar für Südföhn ausgehen. Der Druckgradient zwischen Innsbruck und Bozen klettert auf bis zu +4hPa. Bis ins Inntal schafft er es aber aller Voraussicht nach nicht. Ab dem späten Sonntagnachmittag brandet die Kaltfront an die Alpen, zuerst in Zürich, dann auch Innsbruck und Wien. Die Alpen werden im GFS, wenn man sich z.B. die Strömung auf 700 hPa ansieht, quasi überschwemmt. Die beiden Querschnitte von AROME (Samstag 18UTC) und ARPEGE (Sonntag18) von zeigen deutlich, wie beeindruckend hochreichend die Kaltluft ist.

      Ab dann wird es in den Alpen spannend – tut mir leid liebe Berliner und Leipziger, aber in dem Fall muss ich wieder einmal andere Prioritäten setzen 😉 Die Kaltluft überschwemmt die Alpen regelrecht und bringt in der Nacht zu Montag das Quecksilber ordentlich zum Stürzen. Die Schneefallgrenze sinkt auf unter 500 m ab, in den deutschen Mittelgebirgen und im Alpenvorland stellen sich erste winterliche Verhältnisse ein. In Zürich könnte sich vielleicht der erste Schnee des Winters ausgehen, bei Wien bleibt es sicher flüssig. Wer es dennoch weiß will, muss in den Wiener Wald – und ich meine nicht das Restaurant. Auch Inneralpin sinkt die Schneefallgrenze unterstützt durch mäßigen Niederschlag bis in die Morgenstunden bis in die Tallagen ab. Wieviel der weißen Pracht in Innsbruck liegen bleibt, sehen wir dann Montagfrüh. Bis dahin fließt die Kaltluft über den Alpenhauptkamm als Nordföhn in die Italienischen Alpen und bodennah sowohl übers Rhonetal als auch über Ostösterreich weiter nach Süden ab und landet im Mittelmeer als Mistral (wehte auch schon am Freitag und verstärkt sich dadurch weiter) und in der Adria als Bora.

      Druckgradient Bozen-Innsbruck von wetteralarm.at für Süd/Nordföhndisskusion

      GFS Wind und relative Feuchte auf 700 hPa (ertel2.uibk.ac.at)
      ARPEGE-Querschnitt vom Niederrhein bis Alpenhauptkamm für Sonntag 18 UTC (Quelle: Meteociel.fr)
      Nun noch die Städte im Kurzdurchlauf
      Berlin: Vor allem nachmittags kommt es immer wieder zu Schauern, zeitlich sind diese aber auch (knapp) vor 12 UTC möglich. Die Temperaturen liegen untertags um 7 bis 8 °C. In der Nacht zu Samstag bleibt es noch bei um 4°C. In der Nacht zu Sonntag kann es mit auflockernder Bewölkung in der Kaltluft gut auf 1-3°C auskühlen. Frühmorgens kann sich für ein paar Sonnenstunden ausgehen. Der Wind weht an beiden Tagen mäßig aus West bis Südwest, tendenziell am Sonntag etwas schwächer. Letzte Böen hinter Tief Michael sind am Samstagmorgen nicht auszuschließen.

      Leipzig: Auch hier nachmittags erhöhte Schauerwahrscheinlichkeit, am Samstag auch schon am Vormittag. Samstagabend bis in die erste Nachhälfte stratiforme Niederschläge von der nahen Warmfront. Anschließend auch wie in Berlin auflockernde Bewölkung und ein bisschen Sonne am Vormittag, ehe ab Mittag im GFS wieder Schauer aufziehen, bzw. die nächste Warmfront im ECMWF durchzieht. Temperaturen am Samstag um 8°C, Sonntag um 7°C. Nachts um 4°C, mit Auflockern der Bewölkung am Sonntag Abkühlung auf 1-3°C. Leichter Wind aus Südwest und leichte Böen am Samstagmorgen hinter Tief Michael nicht vergessen zu diskutieren.

      Zürich: Sehr schlechte Aussichten für Sonnenliebhaber und viel Niederschlag bis Montag. Dabei zunächst noch stratiform und mit Kaltfront am Sonntagnachmittag auch schauerartig. Die Temperaturen steigen aufgrund WLA etwas an, damit Samstag bis maximal 10°C, sonntags eher bis 9°C. Nachts mit mechanischer Durchmischung kühlt es nur bedingt aus, auf Samstag minimal 5-6°C, sonntags sogar um 7°C denkbar. Vor der Kaltfront am Sonntag (Abkühlung ab Mittag/früher Nachmittag) mäßiger Wind aus Südwest, danach Windsprung auf West. An beiden Tagen Böen nicht vergessen. Schnee in der Nacht zu Montag möglich, außer mit der Menge leider nicht turnierrelevant.

      Wien: Michaels Kaltfront zieht noch in der zweiten Nachthälfte ab. Der Vormittag kann daher auch trocken bleiben. Nachmittags wird die Warmfront um 18 UTC Wien erreichen, je nachdem Wn trocken oder 6. Ab dann bleibt es regnerisch bis Montag. Die Temperaturen erreichen mit ein bisschen Sonne um 10°C am Samstag, am Sonntag etwas kälter mit 9°C. Nacht auf Samstag zwischen um 6 bis 7°C, Nacht auf Sonntag etwas kälter mut 5-6°C. Wind aus West, von Samstagabend bis zur Kaltfront Anströmung aus Süden bis Südwest. Leichte Böen am Samstagvormittag und nach der Kaltfront möglich.

      Innsbruck:  Am Samstag zuerst restliche Niederschläge aus Michaels Kaltfront, dann am Nachmittag aus Rinas Warmfront. Dazwischen gehen sich vielleicht mal ein paar Auflockerungen und ein paar sonnige Momente aus. Ab dann bleibt es nass bis Montag, zunächst noch wegen des letzten Stücks der Warmfront und dann die stärksten Niederschläge mit der Kaltfront am Sonntagnachmittag. Anschließend Einfließen der kalten Luftmassen und Abkühlung auf 0-2°C mit Schnee bis ins Tal am Montagmorgen. Die Schneefallgrenze sinkt bis Montag ins Tal ab, für eine 7 am Sonntagnachmittag reicht es leider nicht. Die für uns relevanten Temperaturen erreichen am Samstag je nach Sonnenanteil 8 bis 9°C, Sonntag um 7-8°C. Nachts bleiben wir je nach Bewölkung bei 3-4°C. Am Sonntag vor der Kaltfront Südföhn im Wipptal möglich, aber kein Durchbruch bis Innsbruck. Wer möchte kann aufgrund des scharfen Gradienten bei der Kaltfront noch Nordföhn in die Runde werfen, aber damit beschäftige ich mich selber erst heute Nachmittag.

       

      GEFS Ensembles für München für den Süden (Quelle: Meteociel.fr)

      GEFS Ensembles für Berlin für den Norden und Osten (Quelle: Meteociel.fr)

      Ausblick

      Wie geht es dann in die neue Woche? Inneralpin wird es das zweite weiße Wochenende in Folge. Die Skigebiete wird es freuen, dort sind teilweise letzte Woche über50 cm gefallen. Dieser Kälterückfall ist nicht von allzu langer Dauer. Auf dem Atlantik steht Anfang der Woche schon ein Tief in den Startlöchern und räumt die Kaltluft bis Dienstag wieder aus. Der dahinter folgende Keil trägt zu weiterer Wetterberuhigung bei. Bei Hochdruck ist dann wieder Hochnebel/Nebel interessant. Und dann wird es auf kommendes Wochenende wieder sehr unsicher, ob sich dann wieder kalte Luft durchsetzt oder eher wärmere, sehen wir dann nächste Woche.

      Bis dahin kann man hier noch Kritiken oder Verbesserungen anbringen und diskutieren und zum Abschluss noch viel Spaß und Erfolg beim Tippen

       

      Viele Grüße aus dem endlich fast hochnebelfreien Innsbruck

      Bibertaler

      PS: Nicht vergessen, unsere neue Seite weiter testen, Tipp mit abgeben und, wenn etwas auffällt, ins Forum schreiben 😉

      • Dieses Thema wurde geändert vor 6 Jahren, 5 Monaten von Bibertaler.
    • #4252
      Mammatuscloud
      Moderator

      Danke für die WB!

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