1. Spieltag im April 2024

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    • #19011
      adri_der_pinner
      Moderator

      Pünktlich zum 1. Tippwochenende im April macht sich eine aussergewöhnliche Luftmasse auf den Weg zu uns.
      Zwischen hohem Druck über dem Mittelmeer und tiefem Druck über dem Ostatlantik bringt eine Südströmung Luft afrikanischen Ursprungs bis nach Mitteleuropa.
      Föhnunsterstützte ~18°C in 850hPa gehen sich damit in Süddeutschland aus und die Nullgradgrenze steigt gegen 4000m. Damit ist die Luftmasse extrem warm für anfang April.

      Für die Turnierstadt Innsbruck sind die Aprilrekorde am wackeln:
      Flughafen: 28,8°C (vom 22.04.1968, damals am 28.04.2012 28,7°C)
      Uni: 30,1°C (vom 28.04.2012)

      Der seichte Föhn und Staub aus der Sahara sorgen für gewisse Unsicherheiten in der Detailvorhersage.

      Gutes Händchen euch beim Tippen!

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    • #19018
      Bibertaler
      Moderator

      Servus zusammen,

      Auch wenn das kommende Wetter spannend ist, gegen letztes Osterwochenende kann es sehr wahrscheinlich nicht mithalten, auch wenn die aktiven Wetterspieler dieselben sein werden. Beeindruckend, wie der Staub an Ostern mit Föhn ins Inntal transportiert wurde. Daher habe ich mir erlaubt ein paar Daten aus archivarischen Gründen zu sammeln. Auf Webcambildern sieht man deutlich, wie schnell die Sichtweite so abnahm, dass die weiteren Berge nicht mehr erkennbar waren. Dass die Luft nicht gerade gesund war, lassen die Feinstaubmessstationen nicht nur entlang das Inns erahnen. Hier seht ihr das Beispiel der Fallmerayerstraße im Innsbrucker Zentrum. Neben dem Halbstundenmittel (hellblau) und dem Tagesmittelwert (durchgezogene rote Linie) möchte ich auf den Immissionsschutzgesetz-Grenzwert von 50 μg/m³ hinweisen. Bevor der Staub ankam, waren die Messungen mit Werten um oder unter 10 μg/m³ deutlich darunter. Auch als der Föhn in der Stadt durchgebrochen ist, waren die Werte niedrig. Das änderte sich gegen 16 MEZ.



      Webcams von der Uni Innsbruck aus gen Osten (oben) und gen Westen (unten) jeweils um 15 MEZ vor dem Staub (links) und um 18 MEZ mit Staub (rechts) – besondere Achtung auf die schal durchscheinende Sonne um 18 Uhr [Quelle Foto-webcam.eu]


      Staubmenge in mg/m², also gesamte Luftsäule, von Skiron, Universität Athen für das Osterwochenende 2024 von Freitag 6 UTC bis Dienstag 0 UTC  [Quelle: https://forecast.uoa.gr/en/forecast-maps/dust/europe%5D


      Unidaten, entnommen unter Wetterdaten hier im Menü und eigens geplottet, oben mit Temperatur/Taupunkt und Stationsdruck. Mit dabei ist eine art Föhnmarkierung, wenn die Richtung aus Süd weht, die Temperatur-Taupunkt-Differenz hoch ist und die Böen kräftig genug sind. Darunter finden sich dann dieselben mit Mittelwind und die Windrichtung. Zur Orientierung dienen 5 rote Vertikalstriche, die auch im LIDAR und in der Feinstaubgrafik (hier nachträglich) eingebaut sind. Datenquelle an sich hier vom Wetterturnier, aber ursprünglich ACINN.


      Feinstaubentwicklung in der Fallmerayerstraße in Innsbruck vom Karfreitag bis Nacht zum Ostermontag, die roten Vertikallinien sind nachträglich zur Orientierung beim Vergleich mit anderen Grafiken ergänzt. [Quelle Umweltbundesamt https://luft.umweltbundesamt.at/pub/gmap/start.html%5D


      LIDAR-Komposit aus mehreren Tagesplots und ein paar ergänzenden Erklärungen. Oben der Wind in m/s, unten der Backscatter (viele Partikel in der Luft = hoher Backscater und vice versa). Die 5 roten vertikalstriche dienen zur Orientierung in den anderen Grafiken. [Quelle ertel2.uibk.ac.at  ACINN]
      Nach Nebel am Freitagmorgen einsetzender Föhn, am Talboden zunächst noch kurz vorföhnig West. Dann Staubeintrag bis zum Inn. Am Sonntag mal mehr, mal weniger Staub bei variablem Föhn, aber erst auf Montag tatsächliches Föhnende mit Kaltfront aus Westen.

      Mit Ankunft des Staubes über der Stadt (erster roter Vertikalstrich) stiegt die Feinstaubkonzentration innerhalb von zwei Stunden von nahe 0 auf rund 200 μg/m³ an – das entspricht dem Vierfachen des erlaubten Grenzwertes. Mit durchhaltendem Föhn blieb auch die Konzentration unverändert deutlich über dem Grenzwert. Am höchsten war die Feinstaubbelastung am Samstagvormittag gegen 10 MEZ mit 290 μg/m³ (zweiter roter Vertikalstrich), lies dann aber in der ersten Nachthälfte deutlich nach, als der Föhn leicht abhob. Zwischen 20 MEZ und Mitternacht war die Konzentration das erste Mal wieder unter dem Grenzwert, was man auch im vorübergehend schwächelnden Backscatter am LIDAR erkennt. Nach nur wenigen Stunden kam scheinbar nochmal etwas mehr Staub nach, denn sowohl Konzentration als auch Backscatter stiegen wieder an, während der Föhn aber noch immer leicht abgehoben war. Etwas Durchmischung war dadurch aber immer noch gegeben, sodass der Grenzwert ein letztes Mal überschritten wurde. Im Laufe des Sonntages kamen noch zwei weitere Phasen hinzu, in denen der Föhn mal mehr, mal weniger Staub ums Dachl blies. Die letzten beiden roten Vertikalstriche markieren die beiden lokalen Maxima, die diesmal jedoch unter dem Grenzwert blieben.

      Am Sonntagmorgen war der Föhn dann angezählt, erst hob er langsam ab, was die Temperatur am Boden auf nahe 10 Grad absinken ließ, zur Mittagszeit kam dann die Kaltfront nach, die auch den Föhn in den Hochlagen beendete. Mit Westwind in der gesamten Talatmosphäre und aufkommendem Niederschlag stürzte die Temperatur von 15 auf 8 Grad ab. Damit war eine fast drei Tage dauernde Föhnperiode beendet. Das Ergebnis waren erstaunlich milde Nächte (Sa 14.6 Grad, So 13.1 Grad – wer hätte sich das getruat zu tippen?!), heftige Böen (Flughafen 96 km/h, Uni 91 km/h, Kofel 170 km/h, Spitzenwerte vom Freitagnachmittag) und wie schon geschrieben mit einer herausragenden Dauer. In Fösts Diplomarbeit einer objektiven Föhnklimatologie fürs Wipp- und Inntal (2006) gibt es mehrere Statistiken zu Föhndauern in Innsbruck, dabei kann man erkennen, dass so eine lange Föhnperiode ein seltenes Ereignis ist, das eher als Ausreißer in dieser Statistik erscheint. Und selbst wenn man die Schwäche der dort verwendeten Klassifikation hinnimmt, dass ein Abheben des Föhns wie in der Nacht zum Sonntag vermutlich ein vermeintliches Föhnende angezeigt hätte, und daher einige längere Föhnereignisse damit der Statistik verloren gingen, so ist dieser Osterföhn dennoch als bemerkenswert und erinnerungswürdig zu bewerten, wenn man ersatzhalber die Dauerstatistik vom Flughafen hernimmt, der diese Schwäche nicht hat.

       

      Nun noch zu diesem ersten nachösterlichen Wochenende, ganz so durchgreifend wie letztes Wochenende wird der Föhn nicht und auch der Saharastaub wird nicht so effektiv sein. Von der Lage der Staubfelder in Atmosphäre scheint es mir ein wenig zu weit westlich zu liegen, sodass der Staub erst am Montag effektiv im Tal ankommen sollte. Auswirkungen auf die Sonnenscheindauer kann ich mir jedoch bereits am Sonntagnachmittag vorstellen, wenn die Sonne durch die Staubschicht im Westen durchscheinen muss. Mal schauen, wie dicht das dann am Ende wird. Falls niemand das bildlich aufnehmen kann, dann hoffen wir mal auf eine durchgängige Stromversorgung der Webcams. Wie Adrian ebenfalls angemerkt hat, wird es in Innsbruck dadurch auch sehr warm oder aber…ich wage es kaum das auszusprechen …sogar heiß werden. Ohne den Staub wir die Stadt einen ersten sommerlichen Vorgeschmack bekommen, und das auch noch deutlich vor den Eisheiligen. Langfristig wird uns dieser Staubeintrag aber eher Probleme bereiten und kann für noch raschere Schnee- und im Sommer auch Gletscherschmelze sorgen, aber dazu dann zu gegebener Zeit mehr.


      Wie oben schon, Skiron, Universität Athen, nur eben für das Oster-Folgewochenende von Freitag 0UTC bis Mittwoch 6 UTC, mit Staub eher etwas weiter westlich im Vergleich zum Osterwochenende  [Quelle: https://forecast.uoa.gr/en/forecast-maps/dust/europe%5D

      In diesem Sinne genießt das erste heiße „Sommer“wochenende 2024 und lasst euch nicht allzu sehr einstauben.
      Bibertaler

    • #19019
      adri_der_pinner
      Moderator

      Servus Alex,

      danke für diese sehr ausführliche Analyse zum staubigen Föhnevent am Ostwerwochenende!

      PS: Tmax-Aprilrekorde wurden zumindest in Innsbruck knapp verfehlt. Am Samstag hat es am Flughafen für das Einstellen des Rekords vom 22.04.1968 mit 28,8°C gereicht. Am Sonntag hat der Saharastaub die Sonne bereits zu stark abgeschirmt um das volle Potential am Boden aus der Luftmasse herauszuholen (Durchmischung).

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