Am Donnerstag hat es in großen Teilen des Landes eine Schwergewitterlage gegeben, die immense Schäden verursacht hat. Auch die Gewitter waren überaus fotogen.
Marcus
Einen spielerischen Weg, sich künftigen Arbeitgebern zu präsentieren, praktizieren Meteorologiestudenten in Berlin, Leipzig, Zürich, Innsbruck und Wien. Auf der Web-Seite wetterturnier.de messen sie jedes Wochenende mit bis zu hundert Wetterbegeisterten ihr Prognose-Talent. Sie sagen dabei beispielsweise voraus, wie wolkig es in Zürich wird und wie tief die Temperaturen in einer Samstagnacht in Leipzig sinken. Auch Niederschlag, Luftdruck und relative Sonnenscheindauer müssen sie angeben. Die Tipps werden dann von Administratoren mit den tatsächlich gemessenen Zahlen zweier Wetterstationen vor Ort verglichen. Je näher die Vorhersage an den tatsächlichen Werten liegt, desto höher die Punktzahl – das Maximum von 200 Punkten an einem Wochenende hat allerdings noch niemand geschafft. „Das Turnier schließt die Lücke zwischen der Theorie des Studiums und der Praxis des Berufsalltags“, sagt Georg Haas, einer der ehrenamtlichen Administratoren. „Wer sich hier hervortut“, hofft er, „hat beruflich viele Optionen.“
Ob es blitzt und donnert, regnet oder stürmt, ist ihnen egal. Hauptsache Wetter. Wenn „Wolkenfahnderin“, „Pfingstochse“ oder „Kaltlufttropfen“ vorhersagen, aus welcher Richtung der Wind weht und wie hoch das Thermometer klettert, geht für sie sowieso die Sonne auf. Beim Berliner Wetterturnier tippen sie jeden Freitag bis spätestens 16 Uhr MEZ online, wie das Wochenend-Wetter in der Hauptstadt wird.
Hinter den klangvollen Nicknamen auf der Turnier-Homepage verbergen sich professionelle Synoptiker – so lautet die korrekte Bezeichnung der Vorhersager – ebenso wie Hobby-Wetterfrösche. Denn der vor elf Jahren an der Freien Universität ins Leben gerufene Prognosewettbewerb steht allen offen. „Allen, für die das Wetter eine Herzensangelegenheit ist“, sagt Georg Haas, der das Turnier ehrenamtlich koordiniert. Der 33-jährige Diplom-Meteorologe ist so ein begeisterter Wettermann: „Seit ich denken kann, lebe ich Wetter und liebe spektakuläres Wetter.“
Obwohl Haas mittlerweile beim Wetterdienst Meteomedia in der Schweiz arbeitet, hält er dem Berliner Wetterturnier die Treue. Auch wenn es inzwischen in Leipzig, Innsbruck, Wien und Zürich ebenfalls wöchentliche Online-Wetterturniere gibt. „Mit durchschnittlich 67 Mitspielern pro Wochenende hat Berlin die stärkste Community“, begründet Haas: „Und im Berliner Turnier spielt man einfach in der Champions League.“ Weltweit gebe es keine bessere Prognose, ist er überzeugt. Und überhaupt: „Nirgends wird mit höherer Präzision gearbeitet als in den Wetterturnieren.“
Obwohl Laien mittippen? „Entscheidend ist die Leidenschaft“, sagt Haas. Viele Hobby-Synoptiker seien Top-Spieler – obwohl den Profis mehr Daten zur Verfügung stehen als die im Internet frei verfügbaren Wetterkarten, Messdaten und Modellvorhersagen. Natürlich würden die Wetterdienste Vorhersagen auf hohem Niveau abgeben. Aber im Routinedienst müsse binnen kurzer Zeit ganz Deutschland bedient werden. „Im Turnier dagegen befassen sich Leute ganz gezielt mit Berlin“ – Wetterfrösche, die beispielsweise genau wissen, dass es an den beiden Messstationen an den Flughäfen Tegel und Schönefeld oft viel stürmischer ist als in der Innenstadt.
Mit am Computer erstellten Modellen, bei denen Radar- und Satellitendaten mehr oder weniger vollautomatisch ausgewertet würden, werde die Prognose schon halbwegs genau, sagt Haas: „Aber die Königsklasse ist, mit Erfahrung und Lokalkenntnissen mehr draus zu machen, als ein Modell liefern kann. Und mit flexiblem Denken – denn die Atmosphäre ist ein chaotisches System.“ Haas scheint das Chaos ziemlich gut zu durchblicken: Seine persönliche Bestnote liegt bei 194,7 von maximal 200 Punkten, die pro Wochenende im Turnier zu erreichen sind. Rein theoretisch, denn geschafft hat die 200 bislang noch niemand aus der Tipperriege.
Und das, obwohl mancher kein einziges Wochenende auslässt. „Ich bin da echt zwanghaft“, sagt der Berliner Turnierleiter Robert Hausen und lacht. Selbst im Urlaub fahndet der 26-Jährige freitags nach einem Internetcafé, um rechtzeitig seinen Tipp abzugeben. Dabei lässt sich beim Wetterturnier nicht ein einziger Cent gewinnen. Nur ein guter Ruf. Der ist allerdings nicht zu unterschätzen. Die Synoptiker-Szene sei recht überschaubar, sagt Hausen. Bei den Wetterdiensten würde genau registriert, wer im Turnier gut sei. Meteorologie-Studenten, die dort ihr theoretisches Wissen regelmäßig praktisch anwenden, hätten später bessere Chancen auf einen guten Job.
Diplom-Meteorologe Hausen arbeitet beim Deutschen Wetterdienst in Hamburg. Und trotz Nachtarbeit und Zwölf-Stunden-Schichten spielt er beim Wetterturnier in Berlin und Leipzig mit und gibt als „Schneehäuschen“ seine Prognosen ab. 194,9 ist seine Bestnote in der Hauptstadt, 195 Punkte schaffte er schon mal in Leipzig – mit Vorhersagen, die Otto-Normalverbraucher auf den ersten Blick gar nichts sagen. Denn die zwölf Werte, die die Wetter-Spieler ins Online-Prognoseformular eingeben, sind codiert.
Die 9er-Zahlen stehen für Gewitter, die 7er für Schnee. Hinter der 8 verbergen sich die „Schauergruppen“. Im 40er-Bereich ist Nebel. Die schönen Wetterzustände sind alle im Zehnerbereich, Dunst und Wolken inklusive. „Die Synop-Codes sind leicht zu lernen“, sagt „Schneehäuschen“. Wer die Spielregeln gründlich lese, wisse schon bald, wie Bedeckungsgrad, Sonnenscheindauer, 24h-Böen oder Taupunkt einzugeben seien. „Nur bei der Windgeschwindigkeit machen Anfänger oft Fehler – weil die in Knoten und nicht mehr in Stundenkilometern eingetragen wird.“
Und nur absolute Anfänger staunen darüber, dass es einen Zustand gibt, den die Synoptiker als „kein Wetter“ bezeichnen und in ihrer Liste mit einer Null markieren. Das bedeutet ganz einfach, dass sie einen trockenen Tag vorhersagen – ohne Zustände wie Sprühregen, Nebel oder Schnee.
Kontakt zur Autorin: Katrin Starke
Thema des Tages vom 27.04.2011
Es war zu Jahrtausendwende, als Studenten den „Wettkampf der Meteorologen“ mit zur Freien Universität Berlin brachten. Da gab es das Turnier bereits 22 Jahre. Mitarbeiter des Meteorologischen Institutes in Köln hatten die Urversion für ihre Studenten entwickelt. Auf spielerische Art und Weise und im Wettkampf mit ihren Kommilitonen, konnten diese ihre Fähigkeiten in der Wettervorhersage verbessern.
„Das ist eine Tolle Idee! „, dachten sich auch die Berliner Studenten, als sie das Turnier auf der Studentischen Meteorologentagung (StuMeTa) entdeckten. Der Wettbewerb hätte aber niemals seine heutige Popularität erlangt, wären nicht auch Programmierer unter den Studenten gewesen. Mit dem Ziel die ganze Meteorologenwelt am Turnier teil haben zu lassen, entstand im Jahr 2000 eine Internetversion.
Seitdem spielen nicht nur Studenten mit, sondern auch gestandene Wetterdienstmitarbeiter, wie auch Hobbymeteorologen. Sie messen sich Woche für Woche, wer wohl die beste Prognose hervorbringt. Wetterdienste wie der DWD nutzen diese Plattform auch, um statistische Vorhersageverfahren zu testen.
Nachdem zunächst nur Prognosen für Berlin abgegeben werden konnten, kamen bald weiter Städte hinzu: Wien (2001), Zürich (2002), Innsbruck (2004) und schließlich Leipzig (2005).
Doch worum geht es eigentlich? Jeden Freitag um 17 Uhr MESZ (16 Uhr MEZ) ist Abgabetermin für die Wochenendprognose. Anders als beim Wetterbericht, geht es beim Wetterturnier ums Detail. Beim Bericht wird beispielsweise gesagt: „Am Samstag heiter bis wolkig, bei 16 bis 18 Grad“. Beim Wetterturnier sieht die Prognose dann folgendermaßen aus: „Samstag, 3 Achtel Bewölkung um 14 Uhr, Höchsttemperatur 17.2 °C, Sonnenscheindauer 71 %“. Neben den angesprochenen Parametern werden noch Prognosen für die folgenden Größen erstellt: Windrichtung und – geschwindigkeit, Windböen, Luftdruck, Minimumtemperatur, Taupunkt, Wetterzustände am Vormittag und am Nachmittag, sowie die Regenmenge.
Zur Auswertung werden zwei Messstationen heran gezogen. Für Leipzig sind das beispielsweise die beiden DWD-Stationen Leipzig/Holzhausen und Leipzig/Schkeuditz. Liegt die eigene Prognose zwischen den Messwerten der beiden Stationen, bekommt man volle Punktzahl. Ist dies nicht der Fall, werden nach einem ausgeklügelten Punktesystem Abzüge verteilt. Maximal sind an einem Wochenende 200 Punkte möglich. In der 11-jährigen Geschichte des Turniers ist das aber noch nie jemandem gelungen. Einige waren aber schon nahe dran.
Neben der Wochenendwertung gibt es auch eine Jahreszeiten- und eine Gesamtwertung. Bei letzterer gehen die jeweils letzten 15 Turnierwochen ein. Bei der Jahreszeitwertung werden immer die drei Monate der meteorologischen Jahreszeit berücksichtigt. Die Frühjahreswertung läuft also von Anfang März bis Ende Mai.
Am Ende einer Jahreszeit gibt es für die drei Besten in jeder Stadt eine Urkunde. Die größte Ehrung erfolgt aber jedes Jahr auf dem Extremwetterkongress. Dort wird der Synoptiker des Jahres ausgezeichnet. Dieser wird von allen Mitspielern jeweils am Ende eines Jahres gewählt. Neben der Auszeichnung vor großem Publikum, gibt es auch noch einen schweren Preis. Es ist ein Marmorpokal, mit einem eingemeißelten Tornado.
In diesem Jahr durfte ein Mitarbeiter des Deutschen Wetterdienstes diesen Preis entgegennehmen. Sein Mitspielername ist begründet auf den Tag seiner Geburt: Pfingstochse. Im wahren Leben heißt er Ralf Schmidt und war überglücklich.
Vielleicht hat nun auch der ein oder andere von Ihnen Interesse bekommen mitzumachen. Dann schauen Sie doch einfach mal bei www. wetterturnier.de vorbei.
Dipl.-Met. Marcus Beyer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Meteorologen wetteifern seit zehn Jahren im Wetterturnier um die exakte Wochenendprognose
Berlin (ddp). Wenn Thomas Globig das Wochenendwetter falsch vorhergesagt hat, ist das nicht nur ärgerlich. Das bedeutet auch Punkteabzug. Denn er gehört zu den über 100 Meteorologen in der Bundesrepublik, in Österreich und der Schweiz , die Woche für Woche um die beste Prognose für Samstag und Sonntag wetteifern. Sie vereint ein Freizeit-Hobby – das Wetterturnier.
Seit zehn Jahren gibt es diesen Wettbewerb für Profi- und Hobby-Meteorologen verschiedener Wetterdienste. Bei dem Freizeitspaß gehe es darum, jeweils bis Freitagnachmittag das Wochenendwetter für die Großstädte Berlin, Leipzig, Wien, Innsbruck und Zürich so genau wie möglich vorherzusagen, wie der Organisator des Wettbewerbs, Marcus Beyer, sagt. Wann regnet es, wie lange scheint die Sonne und wie hoch klettert das Thermometer?
«Diese Angaben werden anschließend mit den tatsächlichen Messwerten an den einzelnen Stationen verglichen und nach einem Punktsystem bewertet», erläutert der 27-jährige Beyer, der als Meteorologe seit einem Jahr beim Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach tätig ist, im ddp-Interview.
Der Prognosewettbewerb wurde im Jahr 2000 von Studenten am Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin ins Leben gerufen. Ein Jahr später kamen die Studenten der Universität Wien hinzu, danach auch die der Unis Innsbruck und Leipzig. Beyer zufolge beteiligen sich zeitweilig mehr als 150 Meteorologen an dem entsprechend den Jahreszeiten viermal jährlich ausgetragenen Wettbewerb.
Von Anfang an dabei ist Meteomedia-Mitarbeiter Globig. «Es reizt mich immer wieder, die verschiedenen Faktoren zu bewerten und anschließend die Trefferquote zu sehen – ob nun 20 oder 80 Prozent», sagt Globig, Jahrgang 1956, der vor allem aus Leipzig und von Hiddensee für die dritten Fernsehprogramme über das Wetter berichtet. Und die Bewertungskriterien sind streng: «Liegt man bei der jüngsten Hitzewelle bei der Temperaturangabe mit einem zehntel Grad daneben, gibt es schon Punktabzug», sagt der Berliner, der seine Leidenschaft fürs Wetter von seinem Vater geerbt hat, einem Bäckermeister und Hobby-Meteorologen.
Globig hat den Wettbewerb für die Vorhersagen von Berlin und Leipzig bereits mehrmals gewonnen. Vor zwei Jahren wurde er vom Internetportal Wetterturnier.de mit dem erstmals vergebenen Titel «Synoptiker des Jahres» geehrt. «Dabei wählen alle Mitspieler den nach ihrer Meinung besten Meteorologen, der das ganze Jahr über mit seinen Vorhersagen am besten abgeschnitten ab», erläutert Turnier-Organisator Beyer.
Beyer, der seit 2006 mitspielt, indet beispielsweise eine trockene Wetterlage zwar für die Prognose einfacher. «Jedoch muss dann die Temperatur auf ein Zehntel exakt vorausgesagt werden, damit es die volle Punktzahl 10 gibt.» Ist es hingegen unbeständig, werde es beim Blick nach vorn «extrem schwierig. Wir müssen uns dann entscheiden, ob es am Vormittag oder am Nachmittag regnet».
Dabei seien die Kollegen mit viel Ehrgeiz bei der Sache, denkt Globig. Gespannt werde zu Wochenbeginn wohl immer auf die Auswertungen geblickt. «Und auch wir ärgern uns über das falsche Wetter, aber eine hundertprozentige Vorhersage gibt es nicht.»
Rund 100 Studenten, Profis und Laien-Wetterfrösche erliegen jeden Freitag dem Wettfieber: Via Internet tippen sie, ob es am Wochenende heiter oder wolkig wird. Das Projekt starteten Metereologen der FU Berlin.
Jeden Freitag Punkt 17 Uhr ist Schluss bis dahin können Internet-Tipper auf das Wetter wetten. Beim größten deutschen Wetterturnier geben sie Prognosen für das Wochenende in Berlin, Wien oder Zürich ab. In die Wertung kommen Temperatur, Niederschlag, Wind, Luftdruck und Wolken. Unbestechlich urteilt ein automatisches Computerprogramm. Dabei geht es auch um die Stellen hinter dem Komma.
Meteorologie-Studenten der FU Berlin starteten das Projekt vor zwei Jahren, inzwischen nehmen neben Studenten und Wissenschaftlern auch Mitarbeiter von Wetterdiensten sowie Hobby-Metereologen teil – mit großem Ehrgeiz. Jede Woche geht es um 200 Punkte. „Das ist wie Fußballtoto, nur dass hier wissenschaftlicher Ernst dahinter steckt“, sagt Werner Wehry vom Metereologischen Institut der Berliner Uni.
Das Ranking-System ist ausgefeilt: Wertungen gibt es für Tag, Jahreszeit und Gesamtturnier, für Einzelteilnehmer und für Tipper von Institutionen. Auch professionelle Metereologen messen gern sich beim Wettstreit, etwa vom Deutschen Wetterdienst oder vom privaten Dienst Meteomedia Jörg Kachelmanns.
Und nicht immer liegen die hauptamtlichen Wetterfrösche deutlich vorn, Laien haben ebenfalls Chancen. „Respekt, die sind richtig gut“, lobt Markus Boljahn, 23, vom Berliner Studententeam die Enthusiasten, die oft die richtigen Wetterlagen „einfach im Bauch“ hätten.
Meteorologen haben mit viel Häme und Spott zu kämpfen. Ihre gute Laune erhalten sie sich in einem wöchentlichen Wettstreit unter Kollegen
Der Meteorologe ist – im Prinzip – ein armes Schwein. Da studiert er jahrelang Synoptik, verbringt Stunden mit theoretischer Klimatologie und betreibt troposphärische Grundlagenforschung, bis er das Satellitenbild besser kennt als sein eigenes im Spiegel. Und dann erntet er nichts als Undank und Hohn. Die Vorhersagen seien so schwammig wie Zeitungshoroskope, heißt es. Der Wettermensch kündige noch Sonnenschein an, während es vor seinem eigenen Fenster schon wie aus Eimern schütte. Und überhaupt hätten Lottospieler eine höhere Trefferquote.
Der Meteorologe ist also ein armes Schwein und will es allen zeigen. Erstens, dass er gut ist. Zweitens, dass er besser ist. Besser als all die anderen armen Schweine. Dem Menschen eigen ist sein Drang nach Wettbewerb. Also stellt er sich neben die anderen und schaut, wer genauer trifft.
Die Zielscheiben werden jede Woche von drei Universitäten gehalten: Studenten der beiden Hauptstadt-Unis veranstalten das Wetterturnier Berlin/Wien, für das je zehn Wetterparameter wie Temperatur, Niederschlag oder Windrichtung vorausgesagt werden müssen. Der European Weather Forecasting Challenge (EWC) an der Uni München verlangt jede Woche nur drei Werte, diese allerdings für je acht europäische Städte zwischen Korsika und Schweden. Städte, die geografisch zum Teil ich sag mal: bescheiden liegen, findet der Berliner Meteorologe Thomas Globig.
Freitags um 16 Uhr ist Globig regelmäßig im Stress: Er muss den Zuschauern vom SFB das Wetter erklären und gleichzeitig seine Wertungen für das Berliner und das Münchner Turnier errechnet haben. Globig ist sozusagen ein meteorologischer Turniertänzer. Jeden Freitag mailt er – Punkt 16 Uhr – seine Turnierprognosen an die Organisatoren: Da ist das Knowhow des Meteorologen gefragt.
Der professionelle Synoptiker, wie der Vorhersageexperte offiziell heißt, arbeitet mit Computermodellen, Langzeitwerten und zehn Prozent Bauch. Der Bauch von Thomas Globig nimmt derzeit beim Berliner Turnier unter 130 Teilnehmern Rang neun ein, bei dem EWC ist er 7. von 16 Mitspielern. Wenn der Berliner vom kleinen Wahnsinn spricht, der uns alle umtreibt, meint er sich und seine vier Kollegen bei Meteomedia Deutschland, die alle unter Pseudonymen wie Daisy oder Dummschwätzer am Berliner Turnier teilnehmen.
Jedes Wochenende ist das Zittern ausgerufen, sagt Globig. Schließlich könne man das, was der Computer als Grundlage ausspuckt, in unzähligen Varianten korrigieren, da seien die Spielräume riesig. Riesig! Man drückt mit zitterndem Finger auf die Taste Abschicken. Das kostet mich immer Monate meines Lebens.
Am anderen Ende Deutschlands und der Professionalitätsskala sitzt Sven Piwon.
Während der Berliner Globig die Herbstwertung des Wetterturniers gewonnen hat, gibt sich der Freiburger Piwon mit Wochensiegen zufrieden. Immerhin vier sind ihm bereits gelungen, trotz starken Wettbewerbsnachteils in den Bereichen Technik und Ausbildung. Piwon war Wetterbeobachter, seit zehn Jahren ist er Verwaltungsbeamter. Ein bissle wetterverrückt muss man schon sein, sagt er. Im Hochsommer bei 30 Grad im Schatten zwei Stunden vor der Kiste zu sitzen und irgendwo in Berlin ein Gewitter zu suchen, hält er für eine ausreichende Bestätigung.
Piwon findet Hochdruckphasen langweilig und ist froh, wenn mit einem Tiefdruckgebiet wieder Action in die Atmosphäre kommt. Seine Ausgangsdaten holt er sich von der Homepage des Wetterturniers. Dort werden Amateuren nicht nur die Berechnungen des Deutschen Wetterdienstes zur Verfügung gestellt.
Ich bin mit dem Taupunkt nicht zurechtgekommen, erzählt Piwon, da hat mir Jan Hoffmann die Formel geschickt. Hoffmann ist einer von drei Organisatoren des Berliner Turniers, das vor zwei Jahren mit rund 30 Teilnehmern pro Woche gestartet wurde.
Die Meteorologen sind besser als ihr Ruf, behauptet Michael Sachweh, was wenig überrascht, weil er selbst einer ist. Mit seinem Kollegen Paul James veranstaltet der Professor an der Universität München bereits seit über vier Jahren der EWC, eine Art Champions League der Meteorologen. Für acht Städte müssen freitags Mindest- und Maximaltemperaturen sowie die Niederschlagsmenge des bevorstehenden Wochenendes prognostiziert werden. Montag früh um sieben Uhr liefern die Messstationen dann immer die Wirklichkeit nach.
Eine absolut transparente Vergleichsmöglichkeit, sagt Paul James.
Manipulation ist ausgeschlossen. Zu Beginn, im November 1997, seien die großen Meteorologenbüros entsprechend zaghaft, sich der Konkurrenz zu stellen. Bei uns macht nur mit, wer es wirklich kann, sagt Sachweh.
Absolute Vergleichsmöglichkeiten bergen eben auch absolute Niederlagemöglichkeiten. Doch die Trefferquote liegt bei 90 bis 95 Prozent.
Die Prognoseturniere bringen nicht nur Spiel, Spaß, Spannung, sondern auch wissenschaftliche Erkenntnisse. Meteomedia, die Firma des Schweizer Vorhersage-Entstaubers Jörg Kachelmann, nützt die EWC, um die Vorhersagetechniken in allen Kombinationen abzutesten: Computer allein, Computer plus statistische Langzeitwerte, Computer plus Statistik plus aktuelle Messwerte – und dann noch das Ganze mit einem Menschen dahinter. Es ist zwar eine Binsenweisheit, sagt Kachelmann, aber je mehr man mixt, desto bessere Ergebnisse erhält man. Jedes Computermodell hat Fehler, die ein anderes wieder aufhebt.
Der Computer hat einen entscheidenden Nachteil: Ihm fehlt die Wetterverrücktheit. Der Computer wird nie ins Internet-Forum des Berliner Turniers Sätze schreiben wie Wow, was für ’ne Subsidenz! oder Christoph, gib nicht auf! Du kannst doch gar nicht ohne Synoptik leben! Und der Computer wird nie wie Thomas Globig beten, dass das Gewitter, das Sie vorhergesagt haben, auch wirklich eine der beiden Messstationen trifft.
Der Computer wird auch nie pokern: Im Winter 2000 näherte sich an einem Samstagabend ein Schneefallgebiet aus dem Westen, erzählt Jan Hoffmann. Die Hälfte der Teilnehmer hatte auf Niederschlag getippt, die andere nicht. Bis 18 Uhr musste der Schnee Berlin erreichen.
Innerhalb von zwei Stunden liefen 200 Diskussionsbeiträge im Forum ein, darunter Meldungen wie Hier in Zehlendorf schneit es schon! oder Wenn das eine Null beim Niederschlag wird, steige ich aus dem Turnier aus! Und Petrus war salomonisch gerecht: Es schneite an einer der beiden Messstationen – alle Teilnehmer bekamen ihre Punkte.
Und da sage noch einer, das Wetter sei langweilig.