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Servus zusammen,
und vielen Dank für Eure Ergänzungen!
Am gestrigen Sonntag war es in Berlin zeitweise heiter, teils zeigte sich der Himmel aber stark bewölkt. Ab dem Abend ist mir zudem eine lange nicht mehr so dichte Nebelsuppe begegnet, die wohl kaum jemand von uns auf dem Schirm hatte und erst recht nicht getippt hat.
Aus Dahlemer Erfahrung kann ich zum Thema Beobachtung und Messung von Niederschlag berichten, dass beides zusammenpassen muss, und dass das Optimum natürlich darin besteht, dass Mensch und Maschine sich ohne Korrekturen einig sind. Im Zweifel gilt (sollte gelten), dass erst mal der Mensch recht hat. Sieht er also irgendeine Art von Niederschlag, ohne dass die Messgeräte was aufzeichnen, wird i.d.R. eine Minute, aber keine Menge eingebaut, um „Niederschlag? Ja. Menge? 0,0 l/qm.“ zu erzeugen. Wird Niederschlag mit 0,0 l/qm gemessen, ohne dass von Beobachterseite etwas bemerkt worden wäre, wird (idealerweise ausschließlich von dem diensthabenden Wetterfrosch) eine Abwägung getroffen, ob man den vermeintlichen Niederschlag „rausnimmt“ (mit Kommentar im Obs-Buch und – erneut idealerweise – Info an die nachfolgenden Schichten; Klassiker: Spinnweben, kein „echter“ Niederschlag) oder drinlässt (Klassiker: Niederschlag war so marginal, dass er schlicht „verpasst“ oder „übersehen“ wurde) und z.B. anhand des Disdrometers der entsprechend plausible Zeitraum bei den Niederschlagsmeldungen (und als SYNOPs) eingetragen wird (idealerweise mit einem entsprechenden „Disdrometer“-Vermerk, was schon deshalb wichtig ist, weil wir eine Wetterbeobachtungs- und keine reine Messstation sind – Ihr wisst schon, idealerweise). Was die Menge von 0,1 l/qm angeht, hatten wir das schon einige Male, wenn Niederschlag, der mitunter einige Stunden zuvor fiel, nachgetropft ist. Dann sollte (das Wort mit „i“ kennst Ihr ja) nach einer entsprechenden Überprüfung die Menge zeitlich dem letzten sinnvoll erscheinenden Niederschlagsereignis zugeordnet werden, wenn möglich. Das könnte also in einem fiktiven Beispiel bedeuten, dass statt 0,3 l/qm bis 15z nach dem letzten Schauer und anschließender Trockenheit, aber gemessenen 0,1 l/qm bis 18z nach einer Plausibilitätsprüfung und Korrektur 0,4 l/qm bis 15z und (1- bzw. 3-stündig) bis 18z ein Punkt bzw. in unsere Turniersprache übersetzt eine -3,0 bei der Niederschlagsmenge stünde. Aber schon die Distanz zwischen dem Balkon, auf dem ich obse, und den Messgeräten, die 50, 100 oder 500 m entfernt stehen, kann natürlich Unterschiede in der Intensität und im zeitlichen Verlauf oder auch Widersprüche (Mensch: Niederschlag ja, Messgerät: Niederschlag: nein; oder umgekehrt) aufzeigen, die jedoch auch bedeuten können, dass im Extremfall der Rand eines Schauers genau dazwischen lag, oder dass eben wirklich nur einzelne Flocken oder Tropfen bei dem einen oder anderen Teil des „Hybridwesens Mensch-Maschine“ angekommen sind / registriert wurden. Selbstverständlich können Messgeräte und die Arbeit von Menschen fehlerhaft sein. So ist eine genaue Betrachtung, wie sie bei Euch im Süden offensichtlich gemacht wurde, wichtig, und ich denke, dass Ihr da gewissenhaft vorgeht. Insofern, zumal ich die Gegebenheiten außerhalb des Wetterturmes an der 10381 nur äußerst rudimentär kenne, maße ich mir keineswegs irgendeine „Bewertung“ von außen an, vielmehr wollte ich mit zwei Cent aus praktischer Sicht am Beispiel von Berlin den Leser(inn)en, die das Wetter als Leidenschaft ohne Einblick oder Erfahrung in der eigenen Beobachtung pflegen, einige Vorgehensweisen erläutern, wie man sich zumindest an „die Wahrheit“ herantasten kann, und was man unternimmt, wenn mal der Topf nicht auf den Deckel passt. 🙂
Viele Grüße,
Heiko.