Startseite › Foren › Wetterturnierforum › Wetterbesprechung zwischen Helau! und Alaaf! zum WE vom 12.11. – 14.11.2021
Schlagwörter: WB
- Dieses Thema hat 9 Antworten und 5 Teilnehmer, und wurde zuletzt aktualisiert vor 3 Jahren von Georg.
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November 12, 2021 um 1:40 pm Uhr #17032Snab_LEModerator
Hallo zusammen,
Da ist sie wieder, die 5. Jahreszeit. Gestern wurden im Rheinland, aber auch in vielen scheinbar weniger karnevalsaffinen Regionen des Landes um pünktlich 11:11Uhr der Start in die neue Saison gefeiert. Petrus hatte Nachsicht und schenkte den Narren eine stabile Hochdrucklage mit verbreitet trockenem, örtlich aber auch vernebeltem Wetter. Heute versprüht dagegen auch das Wetter in weiten Landesteilen eine Katerstimmung. Das aktuelle Satellitenbild zeigt nur noch in den höheren Lagen und Leeregionen der Mittelgebirge wolkenfreie Bereiche. Einige Stationen am Oberrand der oft mehrere hundert Meter mächtigen Kaltluft (z.B. in Thüringen oder Rheinland-Pfalz) haben es bisher auch noch nicht aus dem Frostbereich geschafft.
Ursache für die anhaltende Inversionswetterlage ist ein markanter Keil, der heute Morgen 00UTC mit seiner Achse von Griechenland bis in die Slowakei reichte. Flankiert von zwei Trögen (der Westliche samt ausgeprägtem Mittelmeertief) war dieser trotz langsamen Potentialabbau aus Nordwesten ziemlich stabil. Im Bodendruckfeld hatte sich folglich eine ausprägte Hochdruckzone mit wenig Gradient etabliert. Ein mutiger Kaltluftvorstoß über den Britischen Inseln hat seit der vergangenen Nacht eine südöstliche Bodenströmung zur Folge, wodurch die Grundschichtkaltluft abseits der Leelagen schlichtweg festhängt. Mit steigendem Einfluss des langsam abtropfenden Tiefdruckgebietes dürfte das erstmal vorbei sein, aber schauen wir mal in die Details:
Zum Start in den Samstag befindet sich das Höhentief mit abgeschlossener 552gpdm Isohypse über den Niederlanden, während man das zugehörige Bodentief bereits nordwestlich des Höhentiefs suchen muss. Die dynamisch ungünstige Lage sorgt für eine rasche Auffüllung, wodurch der gesamte Komplex im Laufe des Samstages mehr und mehr als Kaltlufttropfen in Erscheinung tritt und sich weiter gen Süden verlagert. In Punkto Wetteraktivität kristallisieren sich 2 Schwerpunkte heraus. Zum Einen erreichen bereits ab heute Abend mittelhohe und hohe Wolkenfelder die Nordhälfte Deutschlands, die morgen über der Osthälfte Deutschlands etwas stärkerer Hebung unterliegen und leichte Niederschläge in den Vormittagsstunden bringen sollen. Mangels Ausstrahlung sollte das Thema Nebel in Berlin und Leipzig bis morgen erstmal vom Tisch sein, während man in den alpinen Turnierstädten noch einmal damit rechnen sollte. Dafür verläuft der Vormittag hier zunächst trocken (von Nebelnässen abgesehen). Im Laufe des Nachmittages wird die schwache Kaltfront am Alpennordrand durch Stau und zunehmende PVA aktiviert, sodass noch vor 18UTC in Zürich und Innsbruck leichte bis mäßige Niederschläge einsetzen werden. Bei überwiegend stark bewölktem Himmel und nur schwachem Südwind 8-10°C, in Innsbruck je nach Nebelauflösung auch nochmal bis zu 12°C.
In der Nacht zum Sonntag wird Zürich von einem weiteren Hebungsschwerpunkt erreicht. Unmittelbar vorderseitig der Tiefdruckachse fördern PVA und Höhenkaltluft die Entwicklung von konvektiven Niederschlägen. Bis Sonntagmorgen können so 5-10mm Niederschlag zusammenkommen. Südlich der Alpen kommt es derweil im Golf von Genua zu einer Leezyklogenese. Die Advektion feuchtwarmer Luftmassen vom Mittelmeer und der gleichzeitig anhaltende Nordstau verstärkt die Niederschlagsaktivität über Tirol. Nach dem aktuellen ICON-D2-EPS sind Mengen über 10mm bis Sonntagmorgen in Innsbruck wahrscheinlich (>50%). Die Schneefallgrenze sinkt auf 1400m ab, im Inntal bleibt es also bei der flüssigen Phase. Auch am Sonntagvormittag dürften die Niederschläge noch anhalten, dann aber zügig nachlassen.
Abseits des Höhentiefs dominiert bereits ein neuer Keil, der sich vom Ostatlantik bis nach Skandinavien erstreckt und dort ein umfangreiches Bodenhoch entwickelt. Am Südrand des Hochs werden zunehmend trockenere Luftmassen aus Ost herantransportiert. Auch wenn das nach mehr Sonnenschein klingt, verhindert die stabile untere Troposphäre und der Feuchtestau nordöstlich der Mittelgebirge wohl vor allem in Leipzig längere Auflockerungen. Auch in Berlin darf über den Bedeckungsgrad, Sonnenschein, wie auch über das Thema Nebel (eher durch tiefliegenden Hochnebel) gegrübelt werden. Einige Modelle sehen auch einen schwachen Randtrog in der unteren Troposphäre, der die Vorhersagelotterie nur noch etwas bunter gestaltet. Je nach Bedeckungsgrad und Mischung werden 6-10°C erreicht.Von allem kaum etwas mitbekommen dürfte Wien: Abgesehen von etwas mehr mitteltroposphärischer Feuchte samt geringer Regenchancen am Sonntagvormittag dominiert hier die feuchtereiche Grundschicht in ruhiger Hochdrucklage mit all ihrer Komplexität für die Vorhersagen.
Mit dem Start in die neue Woche kehren wir dann endgültig in die Hochdruckdominanz zurück. Der Kaltluftausbruch geht über Osteuropa nieder und beeinflusst uns nur indirekt mit etwas trockneren Luftmassen. Sehr wahrscheinlich werden die nebelanfälligen Regionen nicht wirklich aus der Novembertristess heraus kommen. Erst in der 2. Wochenhälfte könnte der Atlantik wieder ein Lebenszeichen von sich geben.Allen Spielern ein erfolgreiches Spielwochenende!
OscarP.S: Detailliertere Bilder folgen gleich noch!
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November 12, 2021 um 4:02 pm Uhr #17036PfingstochseTeilnehmer
Hallo Oscar,
vielen Dank für deine tolle WB! Die diffuse Lage betreffs der Wettererscheinungen, insbesondere Berlin und Leipzig betreffend, hast du ja hervorgehoben. Dadurch, dass sich das stark abschwächende Tief über Westdeutschland nach SSE verlagert, befindet sich der Osten (nur) in einer Randlage. Die Modelle quittieren diese Randlage entsprechend mit uneinheitlichen Wv/Wn-Erscheinungen am Samstag. Du hast am Samstag in Leipzig ein Wn= 0 gesetzt, das wäre mein „Ausweichtipp“ auch gewesen, aber man hat ja nur einen Tipp……Meine Wv=4 in Leipzig am Sonntag ist längst nicht in trockenen Tüchern, aber vielleicht reicht es?!??? Bei den Maxima ist die Bandbreite der Tipps in Berlin und Leipzig auch nicht „übel“. Schauen wir mal, wieviel SD zusammen kommt, oder bleibt es gar sonnenscheinlos? Ein interessantes WE, an dem man viele Punkte einfahren, aber ebenso auch verlieren kann……..
Allen ein schönes WE!
Ralf aus Teltow
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November 12, 2021 um 6:54 pm Uhr #17038HeikoModerator
Hallo zusammen,
*Konfetti werf*
Danke, Oscar, für Deine umfassende Wetterbesprechung und an Dich, Ralf, für Deine prägnante Zusammenfassung! Diffus – im doppelten Sinne – ist die perfekte Beschreibung.
Ich habe mich zu einem seltenen 4er-Tipp (am Sonntag) hinreißen lassen, ebenso konnte ich mir 0-0 (am Sonnabend) nicht verkneifen; und ich finde es krass, dass in zweieinhalb Wochen der meteorologische Winter schon wieder anfängt.
Euch allen ein schönes Wochenende und viele Grüße,
Heiko. -
November 12, 2021 um 7:49 pm Uhr #17039GeorgAdministrator
Lieber Oscar,
vielen herzlichen Dank für die herausragende WB und merci auch Ralf und Heiko für die Ergänzungen.
Wie ist es euch bei der Prognose gegangen? Also ich fand das heute wieder sehr herausfordernd.
Interessant wird z.B. die Niederschlagsmenge in Innsbruck mit Auswirkung auf Schneefallgrenze und Temperatur, Taupunkt, Druck und Wind am Sonntag. Davor ist die Windrichtung vom Samstag eine spannende Angelegenheit. Sorgt die Kaltluft aus dem Oberland nach der klaren Nacht für schlappen Westwind, oder kommt es mit der Druckgradienttendenz zu schwachem Ostwind?
In Berlin haben die Wetterzustände wieder Potential für eine ordentliche Durchmischung der Turniertabellen.
Habt alle ein schönes Wochenende und bleibt gesund.
Ganz herzliche Grüße,
Georg -
November 12, 2021 um 8:56 pm Uhr #17040PfingstochseTeilnehmer
Hallo Georg,
habe mir natürlich als früherer IBK-Tipper auch die Windprognosen angeschaut. Da ist ja vom Ein- bis zum Ausfließen alles vertreten, vom Einfluss des „absackenden“ Tiefs bis hin zum möglicherweisen Temperatur-gesteuerten Einfließnen alles dabei. Diesem sich enorm abflachenden Tief kommt auch in den westllichen DACH-Ländern enorme Bedeutung zu. In Wien steht die Problematik 5-5 aus St neb am Samstag oder nicht. In Zürich „sollte“ sich alles einheitlicher gestalten, aber wer weiß 🙂 Und in welchem Maße sich in Berlin und Leipzig im Verlaufe des Sonntags die trockenere Luftmasse aus NE durchsetzt oder nicht (Sonnenscheindauer und Gesamtbedeckung am Mittag), das bleibt die zu beantwortende Frage, eben anhand der aktuellen Beobachtungswerte 🙂
Herzliche Grüße an alle…
Ralf aus Teltow
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November 12, 2021 um 9:14 pm Uhr #17041HeikoModerator
Servus lieber Georg,
kann mich unserem lieben Pfingstochsen in Sachen Wolken und Sonne anschließen, finde auch bezüglich der wettersignifikanten Feuchtigkeit (eben Niederschlag, da nebenbei nicht nur das „ob überhaupt“, sondern auch „ob messbar“, und Nebel) dieses vermeintlich „langweilige“ Wetter gerade am Wochenende knifflig, und füge hinzu, dass die angesprochenen Punktedifferenzen schon zwischen „Sichtweite ein paar Hundert Meter, Wolken letztlich egal (für die Frage des Nebels)“ und „Sichtweite mehrere Kilometer bei Wolkenuntergrenze im zweistelligen Meterbereich“ entschieden werden können.
Oder der Donnerstag hat in dieser Hinsicht die Nase vorn, weil Nebel weit genug weg ist und Wolken doch viel mehr Löcher haben als die Mehrheit der Tipps spekuliert hat.
Viele Grüße,
Heiko. -
November 12, 2021 um 9:53 pm Uhr #17042BibertalerModerator
Servus zusammen,
vielen Dank dir, Oscar, für den tollen WB-Start in die fünfte Jahreszeit, die alles andere als rosig beginnt. Man könnte ja noch hoffen, dass das Ganze nur ein Faschingsscherz ist, aber so schön es gerade in den Alpen ist, so grausig sind die gesellschaftlichen Aussichten. Und wenn man nicht über den Tellerrand der Nordkette hinausschaut, bemerkt man gar nicht, wie schön es doch sein kann im November bei rund 15-17 Grad in der Sonne zu liegen. Sobald man nämlich aus den Alpen rausgeht, ist Novembergrau der Standard, teilweise auch mit Niesel in Wien oder wie Idlefix aus Berlin berichtete.
Zum kommenden Wochenende, da ist eigentlich schon alles gesagt: sicher ist, dass nichts sicher ist…außer vielleicht, dass es da, wo es aktuell schon grau ist, grau bleibt; sei es durch Nebel oder durch die Bewölkung der Front bzw. Okklusion.
Wenn alles nach Plan geht, wird es in Innsbruck morgen Nachmittag den ersten Niederschlag geben. Nebel zuvor ist hier anders als in Wien und Zürich kein Thema. Die 2-3 Tage, die wir hier im Schnitt pro Jahr mit wirklichem Nebel haben, gehen nur, wenn es zuvor Niederschlag gab, es am Abend aufklart und dann ordentlich abkühlt. Von daher wird es nochmal frisch im Tal, aber ohne Nebel. Ein weiteres Problemkind ist die Windrichtung im Inntal. Auch da wurmt es mich, dass Georg auf Ost ist…muss ich mich wohl verrechnet haben 😉 mal schauen, was uns die Talatmosphere liefert.
Und dann müssen wir schauen, wieviel dann ab dem Nachmittag runterkommt und wo die Schneefallgrenze zum liegen kommt. Dein Vorschlag mit 1400m ist schonmal ein guter Vorschlag. Sollte mehr herunterkommen, was Georg angedeutet hat, könnte man auch etwas tiefer gehen. Dass wir wieder Flocken bis ins Tal bekommen, kann man jedoch ausschließen. Ein gutes hätte es jedoch, gemäß der hier gültigen Bauernregel darfs ab jetzt auch für einen kalten Winter bis übern Inn schneien.Viele Grüße ausm (noch) sonnigen Süden
BibertalerPS: vor lauter Diskutiererei mit den Berlinern in der WB ist mir die Kontrolle meiner Tipps nicht mehr ausgegangen. Ganz so sonnig seh ichs nämlich in IBK morgen nicht. 23 wäre mein Tipp gewesen, 73 haben die Finger eingegeben…wenn man die eigene Schrift nicht mehr erkennt und schnell 5 Tipps in 3 Minuten eingeben soll. Falls niemand etwas dagegen hat, würde ich mich über die Korrektur freuen
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November 12, 2021 um 10:17 pm Uhr #17043PfingstochseTeilnehmer
Hallo nochmals,
mein Tmin ist bereits in Leipzig unterschritten bei anhaltender Nebelsituation 🙁 Und dasTief samt W-Erscheinungen schwächt sich immer mehr ab….Bibetrtaler wurmt Georgs Ostwind am Samstag in IBK und hat sich gegen das Einfließen im Inn-Tal entschieden. Das „Wurmen“ könnte wohl eintreffen beim gegenwärtigen Verhalten des schwächelnden Tiefs, welches auch eine ungewohnte Zugbahn nimmt. Falls ich in Berlin und Leipzig „abschnieren“ sollte, dann klappt es hoffentlich im Lotto 🙂 Egal, Hauptsache, wir bleiben gesund. Die Corona-Zahlen in DACH sind leider leichter zu prognostizieren, weil weiter ansteigend, als unser WE-Wetter im Detail….
Allen ein gesundes und erholsames WE!
Ralf, der Pfingstochse (der überhaupt nix dagegen hätte, die Weihnachtsmärkte in Anbetracht der angespannten Corona-Lage zu VERBIETEN)
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November 14, 2021 um 3:29 pm Uhr #17049BibertalerModerator
Servus zusammen,
tja, 2-3 Tage sagt die Statistik ist Nebel wahrscheinlich in Innsbruck, mit der Grundbedingung, dass es zuvor Niederschlag gab und es dann zeitig aufgeht … das das Gewölk aber auch advektiv in die Stadt kommen kann, davon war nie die Rede – und genau das ist in der Nacht auf Samstag auch passiert. Nicht nur für mich als Erinnerungsstütze sondern für alle Interessierten als Überblick, wie es zu der Nebelsituation gekommen ist.
Start am Freitag – Während vielerorts dichter Nebel herrscht, war es im Inntal nochmal spätherbstlich angenehm und warm bei 15.6 Grad an der Uni und die Sonne ging bei rund 12 Grad hinter dem Salfainsee (ein schönes Ausflugsziel, wer mal im Frühjahr in der Gegend ist) bei einem Taupunkt von knapp unter 5 Grad. Bei anhaltendem Westwind im Tal kommt trockene Luft aus dem Oberland nach, so dass Nebel nur dann möglich ist, wenn genug Feuchte da ist (was definitiv nicht der Fall war). Gemäß Schätzle (Uni-internes Tool für die Abkühlung an der Uni) wären etwa 12 Grad Abkühlung möglich, daher hätte man mit rund 0 Grad rechnen können. Die 5cm Temperatur erreichte schon gegen 21UTC den Gefrierpunkt, also Bodenfrost, klares Zeichen für wolkenfreie Bedingungen. Was jedoch ungewöhnlich war ist, dass, obwohl es oberhalb der Stadt im LIDAR eindeutig Westwind gab, vermehrt Ostwind gemessen wurde. Alleine von dem Druckgefälle her mit höherem Druck in Landeck (Oberinntal) würde man das so nicht direkt erwarten. Wenn man sich im LIDAR die Reflektivität ansieht, deutet sich bodennah ein deutliches Anziehen des Signals an, die unteren 100m über Grund wurden zunehemend feuchter, was man auch anhand der sich angleichenden Taupunkt und 2m-Temperatur sieht.
Bis 2 UTC wurde es spannend. Die Stratusschicht, die schon in der Nacht zum Freitag im Unterinntal aktiv war und nun ebenfalls schon seit Stunden vorhanden war, was die Webcam vom Pendling Richtung Osten über Kufstein bestätigt, arbeitete sich zusehens nach Westen talaufwärts. Auf der Webcam vom Brentenkopf (https://www.bergfex.at/sommer/kufstein/webcams/c9719/) kann man noch bis Donnerstag für den Freitag das Archiv durchblättern, wo man dieses Einfließen und Ansteigen der Stratusobergrenze im Kufsteiner Talbereich erkennen kann. Zum Abgabezeitpunkt am Freitag war das schon zu erahnen und zu sehen. Grund dafür war jedenfalls der höhere Bodendruck am Freitag über dem Alpenvorland relativ zum Alpeninneren. Inneralpen sah der Druckgradient etwas anders aus, wie bereits angedeutet. Höherer Druck im Oberland triggert normalerweise das nächtliche Ausfließen, welches bis auf die bodennahen Schichten ja zumindest da war. An dieser Stelle möchte ich auch den Süd gute 800m über der Stadt hinweisen. Das war zwar kein besonderer Südföhn (Brenner hatte zum Beispiel West zu dem Zeitpunkt) aber zumindest in den Höhen war er noch bis in die Nacht auf Samstag aktiv und im Wipptal war das Ausließen etwas kräftiger als sonst. Also alles andere als „normal“. Trotz allem schien sich die feuchte Luftmasse quasi unter den West schieben zu wollen.
Univerlauf und LIDAR vom Freitag bis Samstagabend [Quelle: ertel2.uibk.ac.at, ACINN]Zwischen 2 und 4 UTC wurde es dann ernst in der Stadt. Die Temperatur lag bei knapp über 1 Grad, der Taupunkt knapp darunter, knapp 100-200 m über Grund wurden die ersten hochnebelartuigen Stratusfetzen sichtbar und am Flughafen schwankte die Sichtweite im zu diesem Zeitpunkt automatischen METAR zwischen 1 und 10km, was man anhand der Webcam an der Uni nach Westen auch nachvollziehen kann. Beim Blick nach Osten hatte man eher das Gefühl einer anrollenden Walze. Das GIF der 10minütigen Bilder soll euch einen kleinen Eindruck davon gewähren, was man als nachtaktiver Mensch zu sehen bekommen hätte.
Um 3 UTC war dann Ende mit der Abkühlung. Die Gegenstrahlung aus der Stratusschicht lies nicht nur die 5cm Temperatur ansteigen, sondern auch die 2m Temperaturstieg wieder leicht an, bis um 4UTC dann endgültig der Nebel fix in Natura und auch im METAR war und bleib das dann auch bis weit nach 6UTC, was uns dann die Wv4 bescherte. Mit Sonnenaufgang kam dann wieder Bewegung ins Geschehen. Zeitweiser Westwind fiel mit ersten Auflockerungen zusammen, die die 5cm Temperatur wieder von der 2m Temperatur abkoppelten, und ab 9UTC kam dann auch die Sonne direkt über der Altstadt heraus, die sich bereitmachte und herausputzte, morgen den Christkindlmarkt zu eröffnen … inwieweit das vernünftig ist, kann man bezweifeln oder einfach auf das Beste hoffen (was anderes bleibt uns eh nicht übrig). Abschließend würde ich den Nebel eher als ein tief aufgesetzter Hochnebel sehen. Einige Webcambilder zuvor und auch am Morgen wie hier um 3:40MEZ sehen die Obergrenze bei rund 800m über der Adria und mit dem bondennahem Einfließen konnte sich dann der Stratus festsetzen, der 12 Stunden zuvor noch in Kufstein war. Wenn man das auf die Strecke hochrechnet, wären das 74km in 12 Stunden, also 6km/h. Das hört sich nicht allzuschnell an, aber in Bildern ist das schon etwas beeindruckender – daher GIF ab:
Blick von der Uni nach Westen zum Flughafen unter dem Stratus/Hochnebelfeldern hindurch kurz vor dem Nebel [Quelle: foto-webcam.eu]Zum weiteren Ablaufs des Samstags noch ein paar Worte. Georg hat richtig gerechnet und ich hätte mich beim neuen Nachrechnen wohl auch eher auf Ost eingestellt. Das Ende vom Lied war jedoch, dass Georg – trotz eigentlich völlig richiger Vorhersage – genausoviel Punkte bekommen hatte wie ich mit meinem West. Glücklich bin ich über dieses Wettergeschenk wahrlich nicht, denn Windstille im Flughafen und nur ein Wert abseits des Ostwindes innerhalb sechs Stunden genau um 12 UTC ist alles andere als fair. Aber wir wissen ja, dass es mal so und mal so geht.
Auch der Niederschlag der Front hatte etwa auf sich warten lassen und war erst im letztmöglichen Zeitpunkt im SYNOP drin. Ab da fielen dann an der Uni und am LOWI um die 20mm in flüssiger Form. Schnee war dabei zunächst erst oberhalb 1800m drin, aber die Schneefallgrenze arbeitete sich weiter bis auf etwa 1300m herunter (siehe den hohen Backscatter im LIDAR).
Viele Grüße vom Christkindlmarkt
BibertalerPS: der Vollständigkeit halber noch die Datenverläufe von Haiming, Innsbruck Flughafen und Kufstein (Jenbach zeigte leider keine Daten)
[Quelle: https://lawis.at/station/ Lawinenwarndienst Tirol] -
November 15, 2021 um 8:33 pm Uhr #17050GeorgAdministrator
Lieber Alex,
vielen Dank für die gehaltvolle Analyse eines ganz besonders seltenen Nebelereignisses. Da lohnt es sich genauer hinzusehen, um von der Natur zu lernen.
Die seltenen Nebeltage in Innsbruck kommen meistens im Winter vor, wenn nach Passage einer Warmfront mit Niederschlag positive Taupunkte auf eine Schneedecke im Tal treffen. Dieser Mischungsnebel aus Westen wird von den meisten Wettermodellen und MOSen nicht vorhergesagt, obwohl dieser unter den beschriebenen Umständen recht zuverlässig entsteht.
Nebel aus Osten kommt in Innsbruck noch seltener vor, weil mehrere ideal dosierte Zutaten nötig sind:
1. Zutat: Leichter Überdruck auf der Alpensüdseite: Damit eine tiefe Inversion auf der Alpennordseite und kein Hochnebel, der für Nebel in Bodennähe ungünstig wäre.
2. Zutat: Leichte Druckgradienttendenz: In der 1. Nachthälfte auf Samstag schwache Zunahme des Druckgradienten, folglich schwacher Westwind in mittleren Höhen des Inntals. Aufgrund des Gefälles (Inn fließt nach Osten) Absinken, Erwärmung, relative Abtrocknung und kein Hochnebel.
3. Zutat: Starke Inversion im Alpenvorland durch ungewöhnlich milde Luft darüber bzw. im Alpenraum: Die Baroklinie sorgte für das super-seichte Einfließen der feucht-kalten Nebelluft aus Osten unter dem relativ trockenen Westwind, Gegenstromlage im Inntal.Interessant finde ich die rasante Nebelausbreitung. Es gibt ja mehrere Nebelentstehungstypen:
1. Advektionsnebel: Da bin ich ganz der Meinung von Alex, die Nebelwand kam überzeugend hereingezogen.
2. Mischungsnebel: Temperatur und Taupunkt des Nebels waren eine Spur höher als die bodennahe Temperatur kurz vor Eintreffen der „Nebelwand“. Das war für die Nebelverdichtung hilfreich.
3. Strahlungsnebel: Sternenklarer Himmel über dem Nebel fördert dessen Abkühlung und Kondensation, das war ebenfalls hilfreich.
4. Nebel nach Niederschlag: Das traf hier nicht zu.
5. Hebung: Der Nebel aus Osten floss das Inntal hinauf, Hebungskühlung fördert ebenfalls Kondensation.Alles in allem war das letzte Turnierwochenende spannend, dramatisch und lehrreich. Also ich fand das klasse.
Ganz herzliche Grüße,
Georg
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