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Februar 19, 2021 um 11:26 am Uhr #16067HeikoModerator
Hallo liebe Wetterinteressierte,
rund zwei Drittel des Februar sind um und somit nähert sich das Ende des meteorologischen Winters.
Wie gewohnt, schreibe ich meine zwei Cent hauptsächlich aus Berliner Sicht, nicht ohne – Ihr kennt das schon – den einen oder anderen Blick über den Tellerrand.
Diesmal lohnt sich der Blick besonders, wenn man ihn zum Mars richtet, denn gestern Abend landete auf unserem äußeren Nachbarplaneten eine NASA-Sonde, bestückt mit dem Rover „Perseverance“ (deutsch: Beharrlichkeit) und einer Hubschrauber-Drohne namens „Ingenuity“ (deutsch: Einfallsreichtum). Hier ein Video zur Landung: https://www.br.de/fernsehen/ard-alpha/programmkalender/sendung-2971208.html
Beharrlichkeit und Einfallsreichtum brauchen wir alle auch Woche für Woche beim Wetterturnier, und so sehen wir uns nach dem kleinen Ausflug in die Weiten des Weltalls mal das irdische Wetter an.
Quelle: intra.igb-berlin.de/grosser_mueggelsee.html
Berlin taut auf (und große Teile Deutschlands und der Umgebung auch). Das dauert an manchen Stellen wie im Bild auf dem Berliner Müggelsee etwas länger, wohingegen mancherorts schon frühlingshaftes Grün deutlich gegenüber dem Weiß oder Grau von Schnee und Eis (oder Matsch) überwiegt.
Zur Rekapitulation: In der Nacht zum 10. Februar, also gerade mal eine gute Woche zurückliegend, wurde an der Wetterstation Berlin-Dahlem mit -12,2°C das tiefste Minimum des wohl gesamten Winters gemessen. Der wärmste Tag seit Anfang November 2020 war hier der 2. November, wo die Temperatur auf 20,5°C stieg – Rekord, dem ehemaligen Hurrikan ex-ZETA sei dank.
Der – wie immer hochinteressante – Blick auf die Karten von Bernd Hussing (http://www.bernd-hussing.de/klima.htm) zeigt, dass der bisherige Februar vielerorts in Deutschland (bis auf den äußersten Süden) mehr oder weniger klar unter dem langjährigen Temperaturmittel (bezogen auf den Zeitraum von 1991 bis 2020) lag; in Potsdam lag die Abweichung beispielsweise bei -4,6 K. Dem zu trockenen Norden im Bereich von Schleswig-Holstein stehen große Gebiete mit einem markanten Niederschlagsüberschuss gegenüber; Potsdam bekam bisher 96% des Monatssolls an Niederschlag ab. Die Anteile am im Durchschnitt zu erwartenden Sonnenschein bewegen sich zwischen bisher 38% in Dresden und 75% in Trier; Potsdam liegt hier mit 52% im Mittelfeld.
Beim Blick auf die 500-hPa-Karte von heute früh (GFS) sind zwei weit nach Süden reichende Tröge zu erkennen, zum einen ein östlicher, der über das Schwarze Meer bis nach Ägypten zu verfolgen ist, zum anderen ein westlicher, der weite Teile des westlichen und zentralen Nordatlantik umfasst. Dazwischen findet sich bis weit nach Norden eher höheres Geopotential, wenn auch ein richtig schönes Omega nur mit einem Zusammenkneifen der Augen sichtbar wird, aber immerhin. Ein Kurzwellentrog erstreckt sich zudem vom Seegebiet zwischen Island, Norwegen und den Britischen Inseln über Dänemark bis in den Nordosten Deutschlands.
Auf der Karte des 850-hPa-Niveaus mit der pseudopotentiellen Temperatur von heute früh ist zum einen die vorübergehend kältere / weniger milde Luft über dem Norden Deutschlands zu sehen, zum anderen steht der markante Wirbel mit Kern westlich der Britischen Inseln und seiner frühlingshaft milden Luft aus subtropischen Breiten im Schlepptau stellvertretend dafür, dass der imaginäre Schalter vermehrt bzw. verstärkt auf „Frühling“ gestellt wird.
Doch vor dem Blick auf die Wetterentwicklung der nächsten Tage sei noch die Bodenanalysekarte von DWD und BWK von heute, 00z, gezeigt. Hier sind bei den Tiefdruckgebieten für uns vor allem ARVIN, entsprechend dem nord(west)europäischen Kurzwellentrog, mit der von West nach Ost über Deutschland ziehenden Kaltfront und BELREM, korrespondierend mit dem Trog über dem Nordatlantik, von Bedeutung. Auf antizyklonaler Seite gibt es mit der italienischen ILONKA lediglich ein Druckgebilde, das einen Namen trägt.
Springen wir gleich mal zur Bodenprognosekarte für morgen Mittag, dann sehen wir, dass ILONKA als Teil eines ausgedehnten Gebietes hohen Luftdruckes von Südrussland bis zum östlichen und zentralen Mittelmeer fungiert und dem tiefen Luftdruck a.k.a. Langwellentrog über dem Nordatlantik vor der westeuropäischen Haustür gegenübersteht. Zu BELREM, der mit unter 965 hPa noch den tiefsten Luftdruck südlich von Island und westlich von Irland innehat (wobei sich ein Dipol abzeichnet und sich außerdem nordöstlich von Island an der Okklusion ein weiteres, unbenanntes Tiefdruckzentrum ausbilden soll), gesellt sich ein neues (zu taufendes) Tief namens CHRISTOPHER vor der irischen Westküste, von dessen Zentrum (unter 975 hPa) sich ein Warmsektor weit aufspannt (man könnte sagen, die Warm- und Kaltfront üben Spagat). Vom mittelschwedischen Tief ARVIN geht eine Warmfront bis etwa nach Weißrussland aus; eine weitere folgt von der Nordspitze Dänemarks bis ungefähr zum Dreiländereck Deutschland-Polen-Tschechien – und beide künden davon, dass auch nordöstlich unseres Interessensgebietes mildere Luft herangeführt wird.
Die Verdrängung der kälteren Luft hinter der heutigen Kaltfront (die die Nacht zum Sonnabend recht kalt, wenn auch wohl in 2 m Höhe in Berlin frostfrei werden lässt; mal gucken, wie schnell die Warmfrontbewölkung aufzieht) durch die morgige Warmfront ist auch schön auf der Mittagskarte von morgen bei der pseudopotentiellen Temperatur in 850 hPa zu sehen.
Für Berlin erwarte ich einen ruhigen (trockenen) Tag mit einigen Sonnenstunden, aber auch ein paar Achteln Warmfront- / Warmsektorbewölkung bei lauwarmem Südwind.
Die Nacht zum Sonntag sollte leicht bewölkt oder wolkenlos und somit nicht nur trocken, sondern auch (noch sind die Nächte länger als die Tage) bei überwiegend windschwachen Verhältnissen eher kalt, wenn auch wohl etwas milder als die Nacht davor, verlaufen. Nebel übrigens halte ich in beiden Nächten für unwahrscheinlich.
Die Bodenprognose für den Sonntag, 12z, zeigt, dass das Hoch über dem Schwarzen Meer seine antizyklonalen Fühler bis weit nach Mitteleuropa ausstreckt und uns somit die Fronten der nord- und westeuropäischen Tiefs fernhält. Die Zufuhr milder, ja, mancherorts regelrecht warmer Luft aus Süden bis Südwesten hält an.
So liegt die Temperatur in 850 hPa deutschlandweit bei etwa 7 bis 10°C und das Blau der Temperaturabweichungskarten bei Bernd Hussing wird wohl seltener. Bei den Höchstwerten am Sonntag halte ich eine zumindest örtliche Annäherung an die 20°C-Marke im Bereich des Möglichen – nicht für Berlin, aber zum Beispiel für einige Ecken von Nordrhein-Westfalen mit freundlicher Lee-Unterstützung. Aber in Berlin werden die 15°C bei Sonne pur wohl recht locker „gerissen“ und somit geht der Blick bei dem einen oder der anderen vermutlich auch wieder vermehrt zum Pollenkalender (Waldbrandstufen werden, zumindest in Brandenburg, erst ab dem März wieder ermittelt), denn unter anderem Erle und Hasel sind vom Sprung aus dem Frost in den Frühling mehr als angetan.
Ich hoffe, Ihr seid es auch und sage danke fürs Mitlesen, freue mich auf Eure Ergänzungen und wünsche Euch allen ein schönes Wochenende!
Viele Grüße,
Heiko.- Dieses Thema wurde geändert vor 3 Jahren, 9 Monaten von Heiko.
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Februar 19, 2021 um 1:46 pm Uhr #16074KaltlufttropfenTeilnehmer
Moin Heiko,
vielen Dank für deine weltklasse WB! Letzte Woche Hochwinter-WB und nun (Vor-) Frühling! Wie schnell sich doch das Blatt wenden kann… 😉
Gruß in die Runde
Michael
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Februar 19, 2021 um 1:52 pm Uhr #16075BibertalerModerator
Servus zusammen,
Danke dir vielmals für die wohl erste Frühlings-WB dieses Jahres (was für ein Kontrast zu letztem Wochenende) inklusive Blick auf unseren äußeren Nachbarn. Dank Lukas‘ Linkzusendung habe ich die Landung gestern live mitverfolgen können und bin schon gespannt, wenn sie dann 2026 die Bodenproben vom Mars zur Erde zurückbringen – sofern nicht irgendwelche Marsmenschen oder Stürme die Proben verstecken. Bei der aktuellen Mission werden auch einige interessante Experimente dabei sein, unter anderem wie man auf dem Mars das CO2 aus der Atmosphäre aufspalten kann und man als weiterer Folge diesen Sauerstoff für bemennschte Missionen verwenden kann, um nicht auf Lieferungen von der Erde angewiesen zu sein. Wir können jedenfalls gespannt sein, was sich da entwickelt … und wer sich aus lukrativen Gründen künftig mit einmischen wird.
Apropos einmischen, bei südwestlicher Anströmung klingen bei mir immer zwei Glocken im Hinterkopf. Die erste klingelt laut nach Südföhn und etwas verhalten hinterher die zweite nach Saharastaub. Zu ersterem, heute ist der Gradient etwas eingeschlafen, daher auch am Kofel kaum Wind. Das sollte sich aber bis morgen ändern. Auch wenn die Strömung auf Kammniveau besser ausgeprägt sein könnte, mit höherem Druck über Bozen und am Nachmittag über 4 hPa niederem Druck in Innsbruck wird es wohl leicht föhnig werden. Ob es der Föhn bis ins Inntal herunter schafft bzw. schaffen will, ist die Frage. Bei 0-1°C über Südtirol im GFS auf 800 hPa wären wir heruntergerechnet bei 15°C – und die MOSe sind da nicht weit weg. Mal schauen. Am Sonntag nimmt der Gradient nochmal einen Ticken zu – wird auf jeden Fall nicht allzu kalt werden.
Und das zweite war Saharastaub. Wir hatten ja erst vor 2 Wochen einen kräftigen Schwung. Mit dem Vorfühling kommt aber bereits der nächste. Dieser wird für unser Wochenende zwar nicht groß von Bedeutung sein (Größenordnung ist laut SKIRON dust load zB. am Samstag 130 mgr/m^2 über Berlin), aber für die Zeit ab Montag ist es wohl nicht unvernüftig mit Vorhersagen von „verbreitet blauer Himmel“ vielleicht noch etwas zurückhalten sein und abzuwarten, wieviel Staub da wirklich ankommt. Wenn es läuft wie neulich, wird das Blau ebenso seltener wie auf den Klimakarten von Bernd Hussing. Und falls doch am Boden nichts bemerkbar sein sollte, dann machen das eben Erle und Hasel.
Viele Grüße und alles Gute für die kommende Woche an alle Allergiker
Bibertaler -
Februar 19, 2021 um 6:35 pm Uhr #16080KaltlufttropfenTeilnehmer
Mein Luftdruck in Berlin am Sonntag soll natürlich 1019.9 und nicht 1011,9 sein! Wäre schön, wenn das noch geändert werden kann!
Gruß in die Runde
Michael
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