Wetterbesprechung zum letzten Aprilwochenende vom 26.04. – 28.04.19

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    • #13559
      Snab_LE
      Moderator

      Hallo zusammen,

      Bevor ich die Aussichten auf ein ziemlich spannendes Turnierwochenende einläuten darf, soll es noch einen kleinen Rückblick auf die letzten, teils außergewöhnlich trockenen 4 Wochen werfen. In weiten Teilen Ostdeutschlands und somit auch in unseren Turnierstädten Leipzig und Berlin lagen die Mengen des laufenden Monats April mit bisher 2-5mm deutlich unter dem Wert, den man nach dem Klimamittel (44mm in Leipzig, 35mm in Berlin) erwarten würde. Im Vogtland und Bayern zeigt die Radarmessung gar Bereiche, in denen noch gar kein Niederschlag im April gefallen sein soll. Mit Blick auf die Messwerte waren es aber auch dort immerhin schonmal 1-2mm (für das Bergland natürlich viel zu wenig). Dementsprechend katastrophal sind aktuell auch die Bodenfeuchten in den trockenen Regionen. Verbreitet wird das 5. Perzentil einer 40-jährigen Messreihe unterschritten. In diesen Regionen war es Anfang April bisher also höchtens 1x trockener im Boden. Vielerorts sind es sicher auch neue Negativrekorde für den April.


      Quelle: NinJo/DWD

      Und nicht nur der Osten Deutschlands hat einen trockenen April hinter sich, welcher die Dürresituation seit dem Vorjahr weiter verschärft. Auch das nördliche Österreich hat im April an Niederschlag bisher nur 0-15% dessen gesehen, was für den April üblich wäre, siehe dazu den Klimamonitor der ZAMG: Klimamonitor Österreich

      Immerhin sieht der Blick auf den aktuellen Satellitenfilm ein bisschen zuversichtlicher in Punkto Niederschlag aus: Von den Südalpen bis zur Nordsee liegt ein langgestrecktes Band hochreichender Bewölkung, aus dem auch mäßiger Niederschlag -in den Hochlagen der Alpen teils in fester Phase- fällt. Vorderseitig markiert ein schmales Band tiefer Bewölkung im Berliner Raum und eine kräftige Gewitterlinie über Dänemark die bodennahe Konvergenz, die mit dem Einfließen der Kaltluft in der unteren Troposphäre zusammenfällt. An der Konvergenz findet sich noch äußert warme und feuchte Luft, in der heute nochmals bis zu 28°C und einzelne Gewitter möglich sind. Über Westeuropa dominiert Sc bzw. Kaltluftkonvektion über dem Wasser. Dort ist bereits in allen Troposphärenschichten eine deutlich kältere Luftmasse eingeflossen.


      Quelle: Kachelmannwetter.com

      Das Niederschlagsband folgt maßgeblich aus der Annäherung eines recht amplitudenstarken Troges, der zum Samstag um 00UTC mit seiner Achse von IJsselmeer bis zum westlichen Sizilien reicht. An seiner Vorderseite gibt es doch eine diffluente Strömung und natürlich PVA, die letzlich trotz Kaltluftadvektion genügend Hebung liefert, um aus der feuchten Luftmasse Niederschläge auszulösen. Im Laufe der Nacht verlagert sich der Niederschlag langsam weiter nach Osten. Während bodennah bereits nordwestliche Winde vorherrschen, gleitet in der Höhe weiterhin Warmluft auf. Im Nordstau der Gebirge können dank zusätzlicher Hebung dann durchaus auch mal nennenswerte Mengen über 25mm zusammenkommen.

      Bis zum WW-Startpunkt ist aber der Niederschlag größtenteils nach Osten abgezogen. Nur im Nordstau der Alpen zeigt er sich noch hartnäckiger, sodass man in Innsbruck durchaus über eine 6 oder 8 zum Start in den Samstag nachdenken könnte. Für Berlin, Leipzig und mitunter auch Wien wird es dagegen erst im Verlaufe des Vormittages wieder interessanter: In der eingeflossenen Höhenkaltluft (T500 um -25°C, T850hPa noch um 4°C) ist die Schichtung durchaus hochreichend labil, sodass spätestens ab den Mittagsstunden Schauer auf dem Programm stehen. Ob man auch schon für den Vormittag die 8 setzt, ist natürlich jedem selbst überlassen und für die Mutigen ist auch die HKL-9 im Wn eine Option ;). Die Luftmasse ist bereits kühler als in den Vortagen, aber keineswegs kalt. Für Berlin und Leipzig kann man bei 4°C in 850hPa mit 18-20°C rechnen und auch in Wien und Innsbruck werden 17°C erreicht.

      Für Zürich gibt es am Samstag einen Extratext. Dort folgt nämlich auf das kleine Zwischenhoch bereits das nächste Frontensystem. Es ist die okkludierte Front eines kleinen Sturmtiefs über England, hinter der noch kältere Luftmassen vom Atlantik nach Europa strömen. Das Tief hat dabei schon seine besten Stunden hinter sich: nahezu achsensenkrecht zum Höhentief füllt es sich rasch auf. Die Front hat dank stattlicher differentieller PVA allerdings noch Schmackes und bringt von Westen her am Vormittag unter WLA zunächst stratiforme, später aber kräftige konvektive Niederschläge, die dem Aprilwetter alle Ehre machen werden. Diese können bis zum 18UTC-Termin auch noch Innsbruck erreichen, Leipzig hat ja ohnehin schon Schauer, dort kommt die Front aber auch erst am späteren Abend an. Auch einzelne Windböen können gerade in Schauern über Zürich und Innsbruck, in der Nacht auch in Leipzig und Wien, mit dabei sein.

      Besagtes Tiefdrucksystem hat für den Sonntag offenbar beschlossen, seine letzten Lebensstunden über Mitteldeutschland zu verbringen. Während das Bodentief sich vor der niederländischen Küste weitgehend auflöst, zieht das Höhentief, gefüllt mit Höhenkaltluft, im Laufe des Sonntages gemäß ICON 06z von der Nordsee über Südwestdeutschland in den Alpenraum und anschließend weiter nach Italien. Die zugehörige Okklusion schafft es bis zum Morgen noch in den Berliner Raum und bringt dort wohl den ganzen Sonntag über recht viele Wolken und Schauer oder leichte 6er-Niederschläge. Auch Leipzig kann bis in den Nachmittag mit einzelnen Schauern rechnen, im Laufe des Nachmittages stabilisiert sich die Luftmasse aber mehr und mehr.

      Etwas anders sieht das für Zürich und Innsbruck aus: Dort ist die Schichtung bedeutend labiler, wodurch sich erneut kräftige Schauer bilden können, die in den Bergen hängen werden und bis auf 1200m nochmal einen Wintergruß hinterlassen können. In Wien wird man dagegen irgendwo zwischen der labilen Luftmasse und allmählich retrograd fließender Warmluft aus Osten hängen. Mitunter ist also der RR der Nacht interessanter als Wv und Wn. Dort werden es bei längerem Sonnenschein auch nochmal bis zu 16°C. Leipzig und Berlin schaffen wohl noch 13-14°C, währenddessen die Tx in Innsbruck und Zürich um 10°C verbleiben werden.


      Quelle: Kachelmannwetter.com

      Zum Start kehrt nach derzeitigem Stand die gute alte Ostlage mit Skandihoch und tieferen Luftdruck im Mittelmeerraum zurück, ich habe sie ja schon fast vermisst. Immerhin sind die Aussichten etwas zyklonaler geprägt als in den letzten Wochen, vielleicht also doch noch etwas mehr Niederschlag für die trockenen Regionen? Man kann es nur hoffen!


      Quelle: NinJo/DWD

      Allen Spielern wünsche ich ein erfolgreiches Turnierwochenende!

      Beste Grüße,
      Oscar

       

       

      • Dieses Thema wurde geändert vor 5 Jahren, 7 Monaten von Snab_LE.
    • #13571
      nik
      Teilnehmer

      Vielen Dank für dir Spitzen-WB!!
      In Wien ist soeben die Kaltfront von Theodor mit stürmischen Böen aus West eingetroffen, nennenswerter Niederschlag ist aber erst zum Dienstag hin in Sicht.
      In Innsbruck wurde heute übrigens eine außergewöhnliche Föhnlage beendet: Von Montagmittag bis Freitagmittag war es selbst am Flughafen durchgehend föhnig (zeitweise als Rotor). Derzeit bin ich auf der Suche nach vergleichbaren Ereignissen…

      LG,
      Nik

    • #13607
      Mammatuscloud
      Moderator

      Vielen Dank für die nicht nur mit aussagekräftigen und schönen Bildern bestückte,
      sondern auch wunderbar geschriebene WB!

      Für morgen bin noch sehr skeptisch ob es Schauer bzw. Regen (im Wv/Wn) in Berlin und Leipzig reicht …

    • #13612
      Bibertaler
      Moderator

      Servus zusammen,

      vielen Dank Oscar für die gut geschriebene WB, da stand nach der Osterpause ein Hoch-Punkteriskantes Wochenende vor uns, zumindest die erste Hälfte haben wir hinter uns – mit gemischtes Gefühlen, zumindest bei mir. Du hattest ja für Innsbruck geschrieben, dass sowohl morgens als auch abends Schauer fallen können. Vom Wettercharakter her lassen wir die von dir er-gänzte 6 mal unter den Tisch fallen, dafür ist die Bewölkung hier zu konvektiv durchsetzt (wir kennen doch unsere Beobachter 😉 ). Ergebnis von gestern: 2:4 … na des war das andere, Moment … 8-0 – jetzt stimmt’s. Zumindest die Schauer am Morgen haben sich in den Beobachtungen wiedergefunden. Die in der Stadt immer wieder gefallenden Tropfen am Nachmittag (natürlich nicht dieselben, aber ihr wisst, wie es gemeint ist) sind am Flughafen entweder nicht bemerkt worden oder da ist tatsächlich nichts angekommen. Dafür gabs für SoWv nun Niesel, tja damit hat sich meine trockenere Variante als Punkte-Fiasko erledigt…

      Bevor ich mich weiter darüber aufrege, noch ein Nachtrag zum Föhn dieser Woche. Nik hat ja schon erwähnt, dass es ein ungewöhnlich langer Föhn war, der am Freitagnachmittag in Innsbruck zu Ende ging. Was macht man für besondere Events – besondere Grafiken. Die 24h-Lidargrafiken vom ACINN zusammengehängt ergeben einen netten Eindruck von den Ausmaßen. Neben dem Vorföhnig-West vor Durchbruch des Föhns in der Stadt gab es auch eine Phase mit Nordrotor und auch der phasenweise dazugemischte Saharastaub hat zu einem guten Signal dazu beigetragen. Außerdem sank die Temperatur von Montag bis Freitag kaum bzw. nicht unter 15 Grad an der Uni. Im Großen und Ganzen auch Wolkentechnisch beeindruckendes Spektakel, das, auch wenn wir zeitlich gerade voll im Föhnmaximum befinden, von seiner Dauer her seines Gleichen sucht. Andreas Ortner hat dazu eine Statistik erstellt für die Föhnfälle von 1948 bis 2008. Zählt man auch die Phasen mit nicht mehr direktem Süd, trotzdem aber mit Föhnluft, kommt man auf 97h, das ist die vorletzte Klasse (95-104) in der Statistik mit 0.1 bis 0.2%. So, unten findet ihr noch die Grafiken (leider nicht beste Qualität, aber ich hoff, man sieht zumindest ein bisschen was). Jetzt wünsch ich euch noch einen schönen Sonntag und schonmal eine schöne Woche.

      Viele Grüße
      Bibertaler


      Lidar ACINN von Ostersonntag 21.4.2019 bis Freitag 26.4.2019 (Quelle: Ertel2.uibk.ac.at), rote Linie am Montag – darunter vorföhnig West, darüber Föhnströmung, Lila Kreis am Dienstag – Nordrotor, Grüne Linie am Freitag – erster Schauer durchziehend, aber weiter Föhn, Orangene Linie am Freitag entgültiger Föhnzusammenbruch mit anschließendem Westwind und weiteren Schauern

      Hier noch ein paar zusammengehängte Messungen von der Uni, leider nicht das ganze, aber zumindest die zweite Hälfte bis zum Zusammenbruch am Freitag.
      (Als Erklärung – Oben: Temperaturen, dicke schwarze Linie 2m-Temp, dünnere schwarze Linie Taupunkt, dünne nicht durchgehende Linien 5cm bis -50cm Temps, grüne Fläche relative Feuchte /// Mitte: Wind, rote Punkte Windrichtung, rote Fläche WKT Föhn in Innsbruck >50%, schwarze Linien mit dazugehöriger Fläche, Windgeschwindigkeit und Böen /// Unten: Luftdruck und Niederschlagsrate, durchgezogene Line Stationsdruck IBK, punktiert Druck Landeck (auf IBK reduziert), gestrichelt Druck Kufstein (auf IBK reduziert), blaue Balken Niederschlagsrate IBK)

    • #13613
      nik
      Teilnehmer

      Hi Alex,

      vielen Dank für die Daten. Rund um den 19. April 1983 sowie im Mai 1984 dürfte es zwei ununterbrochene Föhnereignisse mit etwas mehr als 100 Stunden Gesamtdauer gegeben haben (je nach Angabe 110 und 106 Stunden bzw. beide mit 110 Stunden). Leider gibt es im Internet kaum Daten aus der Zeit, um eine brauchbare Übersicht zu erstellen. Anbei noch die Verteilung der Häufigkeitsklassen in der Dilplomarbeit von A. Ortner:

      Schön sichtbar ist das zweite Maximum: Wenn der Föhn eine Nacht durchsteht, dann geht es meist noch einen halben Tag lang weiter.
      Ich denke jedenfalls, dass sich die Dauer dieser Föhnlage zumindest in die Top-5 der letzten 70 Jahre einreiht, vielleicht sogar an dritter Stelle.

      LG,
      Nik

      • Diese Antwort wurde geändert vor 5 Jahren, 7 Monaten von nik.
    • #13615
      Snab_LE
      Moderator

      Hallo zusammen,
      eine interessante Sache mit dem Föhnereignis bei euch in Innsbruck. Davon bekommt man hier kaum etwas mit, aber es war in der vergangenen Woche schon eine nette Trogvorderseite, die nun sogar für Leipzig ein wenig Niederschlag gebracht hat. Allerdings kann man die Tagessummen von 2,7mm am Freitag und weiteren 2,0mm gestern kaum als tockenheitslindernd bezeichnen und so bleibt die Hoffnung auf die morgige WLA, die allerdings schon außerhalb des Wertungszeitraumes liegen wird.

      Auf den heutigen Sonntag kann ich auch nur mit gemischten Gefühlen blicken. Die gestrige Okklusion hat es natürlich nicht bis in den Berliner Raum geschafft, sondern blieb mit ihrer Feuchte über der östlichen Mitte hängen und brachte Leipzig eine Wv=8, gegen die ich mich entschieden hatte. Und die für den Nachmittag erwarteten Schauer sind zwar nach Westen gut zu sehen, trauen sich aber noch nicht so recht nach Schkeuditz. Vielleicht also ein Wochenende für Felix alias humilis91, der sich als Einziger in Leipzig für 8-0 entschieden hat?


      @Nik
      : In der Grafik der Föhndauerklassen kommt das 2. Maximum bei 30-40h doch hauptsächlich durch eine Verbreiterung der Histrogrammklassen zustande, oder?

    • #13616
      Bibertaler
      Moderator

      Servus nochmal,

      Oscar, ich fühle mit dir. Ich hatte in IBK gestern auch die Zustände zeitlich vertauscht, das ist bitter, aber da müssen wir durch und daraus lernen.

      Zu dem zweiten Maximum, ich finde die Stelle da auch etwas ungünstig getrennt, von einzelnen Stunden auf 10er-Klassen. Von daher ist der erste Eindruck erstmal mit Vorsicht zu genießen. Allerdings stimmt das schon; wenn man den Schnitt runterrechnet und anschaut, dann sind in der 30er Klasse im Schnitt knapp über 0.3, in der 40er knapp unter 0.4% pro Stunde, aber etwas mehr als in der 30er. das lässt sehr vermuten, dass da dazwischen vielleicht auch etwas mehr möglich ist. Außerdem ist Niks Erklärung erfahrungsgemäß richtig. Wenn es der Föhn mal über die Nacht geschafft hat, dann ist auch die Anströmung meist recht stark und lässt ihn oft auch noch am zweiten Tag weiter wehen. Und dann liegen wir genau in der 30er oder 40er Klasse. Das es noch länger geht – also über eine zweite Nacht bis dritten Tag – ist dann schon deutlich seltener.

      Viele Grüße
      Bibertaler

    • #13617
      nik
      Teilnehmer

      Ja, da habt ihr beide recht, die Skala ist etwas unglücklich gewählt und der erste Blick spiegelt ein verfälschtes Bild wider.

      Es gibt aber tatsächlich ein zweites Maximum, welches auch in früheren Arbeiten schon erwähnt wurde. So steht in der Dissertation von Seibert (1985): „Am unwahrscheinlichsten ist der Zusammenbruch am Vormittag; wenn um 07 Uhr früh der Föhn noch (oder bereits wieder) geht, so hält er mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% bis um 15:00 Uhr an.“ Der Zeitraum dieser Arbeit umfasste allerdings einen wesentlich kürzeren Zeitabschnitt (1978-82). Passend dazu noch eine Graphik aus der Arbeit von Ortner:

      Ein ähnliches Bild – auch wenn manche Ereignisse durch die Klassifikation in kürzere Ereignisse zerstückelt wurden – zeigen die Ergebnisse der Diplomarbeit von Föst (2006), welche den Zeitraum 1999-2004 abdecken (auch in diesem Fall ist die Skala variabel, die Lücke ist aber ersichtlich):

      LG,
      Nik

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