Antwort auf: Wetterbesprechung zwischen Helau! und Alaaf! zum WE vom 12.11. – 14.11.2021

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#17049
Bibertaler
Moderator

Servus zusammen,

tja, 2-3 Tage sagt die Statistik ist Nebel wahrscheinlich in Innsbruck, mit der Grundbedingung, dass es zuvor Niederschlag gab und es dann zeitig aufgeht … das das Gewölk aber auch advektiv in die Stadt kommen kann, davon war nie die Rede – und genau das ist in der Nacht auf Samstag auch passiert. Nicht nur für mich als Erinnerungsstütze sondern für alle Interessierten als Überblick, wie es zu der Nebelsituation gekommen ist.

Start am Freitag – Während vielerorts dichter Nebel herrscht, war es im Inntal nochmal spätherbstlich angenehm und warm bei 15.6 Grad an der Uni und die Sonne ging bei rund 12 Grad hinter dem Salfainsee (ein schönes Ausflugsziel, wer mal im Frühjahr in der Gegend ist) bei einem Taupunkt von knapp unter 5 Grad. Bei anhaltendem Westwind im Tal kommt trockene Luft aus dem Oberland nach, so dass Nebel nur dann möglich ist, wenn genug Feuchte da ist (was definitiv nicht der Fall war). Gemäß Schätzle (Uni-internes Tool für die Abkühlung an der Uni) wären etwa 12 Grad Abkühlung möglich, daher hätte man mit rund 0 Grad rechnen können. Die 5cm Temperatur erreichte schon gegen 21UTC den Gefrierpunkt, also Bodenfrost, klares Zeichen für wolkenfreie Bedingungen. Was jedoch ungewöhnlich war ist, dass, obwohl es oberhalb der Stadt im LIDAR eindeutig Westwind gab, vermehrt Ostwind gemessen wurde. Alleine von dem Druckgefälle her mit höherem Druck in Landeck (Oberinntal) würde man das so nicht direkt erwarten. Wenn man sich im LIDAR die Reflektivität ansieht, deutet sich bodennah ein deutliches Anziehen des Signals an, die unteren 100m über Grund wurden  zunehemend feuchter, was man auch anhand der sich angleichenden Taupunkt und 2m-Temperatur sieht.

Bis 2 UTC wurde es spannend. Die Stratusschicht, die schon in der Nacht zum Freitag im Unterinntal aktiv war und nun ebenfalls schon seit Stunden vorhanden war, was die Webcam vom Pendling Richtung Osten über Kufstein bestätigt, arbeitete sich zusehens nach Westen talaufwärts. Auf der Webcam vom Brentenkopf (https://www.bergfex.at/sommer/kufstein/webcams/c9719/) kann man noch bis Donnerstag für den Freitag das Archiv durchblättern, wo man dieses Einfließen und Ansteigen der Stratusobergrenze im Kufsteiner Talbereich erkennen kann. Zum Abgabezeitpunkt am Freitag war das schon zu erahnen und zu sehen. Grund dafür war jedenfalls der höhere Bodendruck am Freitag über dem Alpenvorland relativ zum Alpeninneren. Inneralpen sah der Druckgradient etwas anders aus, wie bereits angedeutet. Höherer Druck im Oberland triggert normalerweise das nächtliche Ausfließen, welches bis auf die bodennahen Schichten ja zumindest da war. An dieser Stelle möchte ich auch den Süd gute 800m über der Stadt hinweisen. Das war zwar kein besonderer Südföhn (Brenner hatte zum Beispiel West zu dem Zeitpunkt) aber zumindest in den Höhen war er noch bis in die Nacht auf Samstag aktiv und im Wipptal war das Ausließen etwas kräftiger als sonst. Also alles andere als „normal“.  Trotz allem schien sich die feuchte Luftmasse quasi unter den West schieben zu wollen.


Univerlauf und LIDAR vom Freitag bis Samstagabend [Quelle: ertel2.uibk.ac.at, ACINN]

Zwischen 2 und 4 UTC wurde es dann ernst in der Stadt. Die Temperatur lag bei knapp über 1 Grad, der Taupunkt knapp darunter, knapp 100-200 m über Grund wurden die ersten hochnebelartuigen Stratusfetzen sichtbar und am Flughafen schwankte die Sichtweite im zu diesem Zeitpunkt automatischen METAR zwischen 1 und 10km, was man anhand der Webcam an der Uni nach Westen auch nachvollziehen kann. Beim Blick nach Osten hatte man eher das Gefühl einer anrollenden Walze. Das GIF der 10minütigen Bilder soll euch einen kleinen Eindruck davon gewähren, was man als nachtaktiver Mensch zu sehen bekommen hätte.

Um 3 UTC war dann Ende mit der Abkühlung. Die Gegenstrahlung aus der Stratusschicht lies nicht nur die 5cm Temperatur ansteigen, sondern auch die 2m Temperaturstieg wieder leicht an, bis um 4UTC dann endgültig der Nebel fix in Natura und auch im METAR war und bleib das dann auch bis weit nach 6UTC, was uns dann die Wv4 bescherte. Mit Sonnenaufgang kam dann wieder Bewegung ins Geschehen. Zeitweiser Westwind fiel mit ersten Auflockerungen zusammen, die die 5cm Temperatur wieder von der 2m Temperatur abkoppelten, und ab 9UTC kam dann auch die Sonne direkt über der Altstadt heraus, die sich bereitmachte und herausputzte, morgen den Christkindlmarkt zu eröffnen … inwieweit das vernünftig ist, kann man bezweifeln oder einfach auf das Beste hoffen (was anderes bleibt uns eh nicht übrig). Abschließend würde ich den Nebel eher als ein tief aufgesetzter Hochnebel sehen. Einige Webcambilder zuvor und auch am Morgen wie hier um 3:40MEZ sehen die Obergrenze bei rund 800m über der Adria und mit dem bondennahem Einfließen konnte sich dann der Stratus festsetzen, der 12 Stunden zuvor noch in Kufstein war. Wenn man das auf die Strecke hochrechnet, wären das 74km in 12 Stunden, also 6km/h. Das hört sich nicht allzuschnell an, aber in Bildern ist das schon etwas beeindruckender – daher GIF ab:


Blick von der Uni nach Westen zum Flughafen unter dem Stratus/Hochnebelfeldern hindurch kurz vor dem Nebel [Quelle: foto-webcam.eu]

Zum weiteren Ablaufs des Samstags noch ein paar Worte. Georg hat richtig gerechnet und ich hätte mich beim neuen Nachrechnen wohl auch eher auf Ost eingestellt. Das Ende vom Lied war jedoch, dass Georg – trotz eigentlich völlig richiger Vorhersage – genausoviel Punkte bekommen hatte wie ich mit meinem West. Glücklich bin ich über dieses Wettergeschenk wahrlich nicht, denn Windstille im Flughafen und nur ein Wert abseits des Ostwindes innerhalb sechs Stunden genau um 12 UTC ist alles andere als fair. Aber wir wissen ja, dass es mal so und mal so geht.
Auch der Niederschlag der Front hatte etwa auf sich warten lassen und war erst im letztmöglichen Zeitpunkt im SYNOP drin. Ab da fielen dann an der Uni und am LOWI um die 20mm in flüssiger Form. Schnee war dabei zunächst erst oberhalb 1800m drin, aber die Schneefallgrenze arbeitete sich weiter bis auf etwa 1300m herunter (siehe den hohen Backscatter im LIDAR).

Viele Grüße vom Christkindlmarkt
Bibertaler

PS: der Vollständigkeit halber noch die Datenverläufe von Haiming, Innsbruck Flughafen und Kufstein (Jenbach zeigte leider keine Daten)

[Quelle: https://lawis.at/station/ Lawinenwarndienst Tirol]